Fahrbericht

Kona Electric: Wenn Hyundai Tesla ins Visier nimmt

Außen und innen hat sich beim Kona Electric 2020 nicht viel verändert. Dafür aber bei der Technik.
Außen und innen hat sich beim Kona Electric 2020 nicht viel verändert. Dafür aber bei der Technik.(c) Die Presse/Clemens Fabry
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Hyundia hat sein Elektro-SUV Kona Electric überarbeitet. Acht Prozent mehr Reichweite sind das Ergebnis. Und: Die größte Schwachstelle im Vergleich zu Teslas Model 3 ist endlich Geschichte.

Wien. Reichweite ist bei Elektroautos noch immer das wesentliche Thema. Hyundais Kona Electric ist schon einige Zeit auf dem Markt und mit dem größeren Akku von 64 Kilowattstunden durchaus Tesla auf den Fersen. 449 Kilometer war die Werksangabe für die erste Auflage des kompakten SUVs. Nun hat Hyundai beim Modelljahr 2020 einiges geändert. Vor allem unter der Haube. Optisch ist der schnittige Stromer gleich geblieben. An der Technik haben die Koreaner aber ordentlich gefeilt. Leichtlaufreifen und eine neue Fahrwerksabstimmung schrauben die Reichweite auf satte 484 Kilometer hinauf. Natürlich erreicht man das in der Praxis nie. Im 2000-Kilometer-„Presse“-Test waren aber 400 Kilometer mit einer Ladung spielend möglich. Zugegeben bei Lieblingstemperaturen für E-Autos von rund 25 Grad, dafür aber hauptsächlich Autobahn. In der kalten Jahreszeit sieht das natürlich anders aus. Aber hier bietet der Kona wie Konkurrent Tesla ein Thermalmanagement für den Akku an. Das heißt, der Stromspeicher wird über den Ladestrom kurz vor dem Wegfahren auf Betriebstemperatur gebracht und nicht erst beim Fahren.

(c) Die Presse/Clemens Fabry

Keine Angst mehr

Neben Reichweitenangst gibt es noch eine andere: die Ladeangst. Ladesäulen gibt es mittlerweile an jeder Ecke. Dort Strom zu tanken ist aber nicht immer einfach. Die wenigsten nehmen Kredit- oder Bankomatkarten, man braucht Karten der jeweiligen Anbieter, die untereinander kaum bis gar nicht kompatibel sind. Da tankt es sich bequemer daheim. Fast 90 Prozent der Ladevorgänge finden tatsächlich zu Hause statt. Und hier räumt Hyundai endlich mit der größten Schwäche des Kona auf. Bisher konnte er nämlich am Wechselstrom nur einphasig laden. Das heißt, maximal 3,7 Kilowattstunden Strom flossen aus einer Haushalts- aber auch Starkstromsteckdose in einer Stunde in den Akku. Bei ziemlich leerem Akku war das Auto über Nacht nicht voll. Die neue Version des Kona Electric erlaubt dreiphasiges Laden. Damit pumpt eine 16-Ampere-Starkstromsteckdose in der Stunde rund elf Kilowattstunden in das Auto. Auch wenn der Akku am Abend völlig leer ist. In der Früh, also nach etwa sieben Stunden, ist er wieder voll. Damit ist der größte Nachteil im Vergleich zu Teslas Model 3 Geschichte und der Kona avanciert zu einem vollwertigen Konkurrenten der Amerikaner. Vorausgesetzt natürlich man verzichtet auf Markendünkel, ein puristisches Innendesign und die irrwitzige Beschleunigung. Die ist allerdings auch relativ, denn der Kona hat mehr als genug Kraft unter der Haube. 204 PS und fast 400 Newtonmeter treiben 1,7 Tonnen in 7,6 Sekunden auf 100 km/h. Elektrosprints beim Überholen oder auf der Autobahn sind auch mit dem Kona purer Genuss.

(c) Die Presse/Clemens Fabry



Während der Interieurtrend immer mehr in Richtung Touchscreens und Bildschirmwischerei geht, setzt Hyundai auf klassische Cockpitausstattung. Es gibt Knöpfe und Tasten für alles und jedes. Dafür begleitet eine ganze Reihe von Assistenten den Fahrer. Spurhalte-, Toter-Winkel- oder Notbremsassistent sind genauso dabei wie ein adaptiver Tempomat, der im Stau für entspannteres Stop-and-go sorgt. Neu ist beim 2020er Kona Hyundais Bluelink-System. Mit einer App am Handy lassen sich einige Dinge anstellen. Zum Beispiel können Fahrziele ans Navigationssystem übertragen werden. Die App zeigt den Ladestand des Akkus an oder verriegelt das Auto, falls man das einmal vergessen hat. Insgesamt ist die App schon sehr brauchbar und stellt die Lösung anderer Hersteller wie etwa Škoda in den Schatten. Vor allem was die Zuverlässigkeit betrifft.

Raumwunder ist der Kona keines. Eine vierköpfige Familie braucht für ein paar Tage Urlaub auf jeden Fall Querträger für eine Dachbox fürs Gepäck. Fahrräder lassen sich sowohl auf dem Dach als auch auf einem Träger für die optionale Anhängerkupplung mitnehmen.

Fazit: Hyundai macht alles richtig und baut mit dem Kona ohne ausschweifende Experimente ein solides und vor allem reichweitenstarkes Elektroauto. Die technische Modellpflege ist gelungen und merzt die bisherigen Schwachstellen gründlich aus. Preislich bleibt der Kona dabei in einem passablen Segment. Die Version mit dem 64-kWh-Akku startet bei 46.790 Euro, die Topausstattung gibt es ab 51.290 Euro.

Hyundai Kona Electric

Maße: L/B/H: 4180/1800/1570 mm; Radstand: 2600 mm; Leergewicht: ab 1685 kg; Kofferraum: 332–1114 Liter

Antrieb: Elektromotor Vorderachse; Leistung: max. 150 kW (204 PS); Drehmoment: max. 395 Nm; Lithium-Ionen-Akku, unterflur; 0–100 km/h: 7, 6 sec; Vmax: 167 km/h; Ein-Gang-Getriebe

Preise: „Level 4“ (64 kWh) ab 46.790 Euro; „Level 5“ (64 kWh) ab 49.790 Euro; „Level 6“ (64 kWh) ab 51.290 Euro; „Level 3“ (39,2 kWh) ab 39.990 Euro

Compliance-Hinweis: Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2020)

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