Staatsanwaltschaft geht gegen Koordinierungsrat vor.
Moskau/Minsk. Nachdem der belarussische Despot Aleksander Lukaschenko seine Sicherheits- und Justizbehörden angewiesen hatte, die Proteste gegen ihn zu beenden und gegen die Opposition vorzugehen, leitete die Staatsanwaltschaft am Donnerstag strafrechtliche Ermittlungen gegen Aktivisten ein. Konkret im Visier hat sie den am Dienstag gegründeten Koordinierungsrat der Opposition, weil dieser „die Macht ergreifen und die nationale Sicherheit untergraben“ wolle. Der Kreml warnte am Donnerstag, dass er jegliche Kontakte des Auslands mit der belarussischen Opposition als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ werte.
Der Koordinierungsrat, dem auch die Oppositionsikone Swetlana Tichanowskaja und Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch angehören, bemüht sich um die Einleitung eines friedlichen Machtwechsels und sucht deshalb direkten Kontakt zu Lukaschenko. Doch der will nicht über seinen Abgang verhandeln. Die Geheimdienste wies er an, nach den Drahtziehern der jüngsten Proteste gegen seine umstrittene Wiederwahl zu fahnden. Am Wochenende sind weitere Massenkundgebungen gegen Lukaschenko geplant.
Manöver an der Grenze
Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow erklärte am Donnerstag, ein Dialog innerhalb von Belarus sei notwendig. Dagegen sei jeder Ansatz eines Gesprächs von ausländischen Staaten mit der belarussischen Opposition als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ zu bewerten. Auch russische Kontakte zur Opposition stellten eine solche Einmischung dar.
Das Verteidigungsministerium in Minsk gab inzwischen die Verlegung weiterer Militäreinheiten an die Grenze zu Polen und Litauen bekannt. Lukaschenko behauptet ja, dass es im Westen des Landes eine angespannte Sicherheitslage gebe. Litauen sieht sich durch belarussische Manöver nicht bedroht. Vilnius kündigte gestern an, gesonderte Sanktionen gegen 32 Amtsträger in Minsk, darunter Lukaschenko, verhängen zu wollen. (DPA/Reuters)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2020)