Kritik

So fährt Don Giovanni lang vor Mozart zur Hölle

Anna Hybiner (zwischen Joel Williams und Lorenzo Barbieri) als toter Acrimante.
Anna Hybiner (zwischen Joel Williams und Lorenzo Barbieri) als toter Acrimante.(c) Birgit Gufler
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„L'empio punito“, die erste Oper rund um die Figur des Don Juan, begeisterte in Innsbruck.

Am Schluss ist es fast so wie immer. So bestraft der Himmel den, der den Himmel beleidigt!, lautet die Moral von der Geschicht'. Don Giovanni ist zur Hölle gefahren – und ohne diesen Beziehungsspaltpilz können sich die am Herzen Verwundeten neu gruppieren. Aber, so scheint die Regisseurin Silvia Paoli bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik zu fragen, sind denn nicht alle in Liebesdingen höheren Mächten unterworfen und vom Eros gesteuert? Also von jenen singenden Amoretteln, wie Nestroy gesagt hätte, die mit allerlei Gspassetteln die Figuren drei Stunden lang am Gängelband geführt haben? Die Liebe ist eine Himmelsmacht, weshalb sie höllische Schmerzen verursachen kann – und Giovanni bleibt ihr genießerischer Botschafter, auch wenn er diesmal gar nicht so heißt.

„Wer ich bin? Ein Mann ohne Namen“, behauptet Don Juan schon bei seinem allerersten dokumentierten Auftreten, in der Eröffnungsszene von „El burlador de Sevilla y convidado de piedra“, zu Deutsch: Der „Spötter“ oder „Verführer von Sevilla und der steinerne Gast“. Im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts springt der Frauenheld ins Rampenlicht; dem spanischen Barockdichter Tirso de Molina kommt das – literaturhistorisch umstrittene – Verdienst zu, den später zum Archetypen erklärten Verführer erstmals nach allen Regeln der Kunst als Dramenfigur auf die Bühne gestellt zu haben.

Als vorgeblich Namenloser ist sein Don Juan ein Mann der vielen Gesichter, der für jede Angebetete ein eigenes aufsetzt, ganz nach ihren Wünschen – bis er sie um ihre Tugend gebracht hat und hämisch fallen lassen kann. Denn der Ur-Giovanni ist nicht, wie später beim unvergleichlichen Gespann Da Ponte und Mozart, ein ambivalenter Erotomane, sondern klar ein Bösewicht. Doch mag man ihn nun als Spötter, Verführer oder gar Wüstling sehen, er besitzt viele Facetten durch die Jahrhunderte.

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