Arbeit und Lehrstellen, Gastfamilien und neue Freundschaften, Ablehnung und Vorurteile, Bangen im Asylverfahren: In den Jahren seit 2015 ist in Sachen Integration einiges passiert. Geflüchtete Menschen erzählen über ihre Erfahrungen, wo sie jetzt stehen und was sie sich für die Zukunft erhoffen.
Das erste Mal, als sie nach einem stundenlangen Fußmarsch durch die Dunkelheit den Grenzzaun erreicht haben – Fida Hussaini glaubt, sie sind eine kleine Straße hochgewandert –, ist ihr Standort von der anderen Seite mit Scheinwerfern plötzlich hell erleuchtet worden. Die türkische Grenzwache muss das gewesen sein, und so hetzte sie der Dorfbewohner, der die Gruppe von Flüchtlingen in die Türkei schmuggeln sollte, wieder den Weg hinunter. Die restliche Nacht haben sie irgendwo draußen verbracht, erzählt Hussaini. Er erinnert sich gut an die Eiseskälte.
Und bei Tagesanbruch sah er das Hochland wieder klar vor sich, die spröden und staubigen Berge, die sich der Iran mit der Türkei teilt. Im August 2014 bestand die Grenze an manchen Stellen aus einem mehr höflich als bedrohlich wirkenden Zaun. Wer dieses unwegsame Gelände begriffen hat, der wusste oft, wann und wo man unbemerkt auf die andere Seite konnte. In die Türkei, ein Land näher an Europa als der Iran, zwei Länder näher als Pakistan. Dort ist der Afghane Hussaini aufgewachsen. Beim zweiten Versuch, erzählt er, konnten sie über den Zaun in die Türkei klettern. Die ganze Balkanroute sollte da noch vor ihm liegen.
Nun sitzt Hussaini unter den bunten Glühbirnen, die zwischen den Bäumen im behaglichen Garten eines Wiener Cafés baumeln. Sein Himbeersoda hat eine Spur zu wenig Sirup. Als er noch sommers in Baden bei Wien als Schankbursche im Schwimmbad gearbeitet hat, hätte er dem Getränk etwas mehr Geschmack verpasst, so viel ist sicher. Über die heißen und hektischen Sommertage im Bad sagt Hussaini: „Ich habe alle Getränke gemacht, von Limo bis Aperol. Ich habe das geliebt.“