Der Wörthersee hat sich gastronomisch gemausert. Bistros mit mediterran angehauchter Küche haben das Seeufer erobert. Dort kann man gute Fische verzehren. Nur Kasnudeln findet man keine.
Das waren wahre Luxusprobleme. Noch vor wenigen Jahrzehnten hatten die Eigentümer der glänzenden Motorboote am Wörthersee, deren Zulassungen wie die Trüffel aus Alba gehandelt werden, ein echtes Defizit: Sie konnten mit ihren Schmuckstücken nicht zum schnellen Lunch oder auf einen Drink fahren. Natürlich gab es auch schon damals das wunderbare Seefels und einige andere große Adressen beziehungsweise Hotels. Aber mit dem Boot auf eine schnelle gute Pasta und ein Glas Prosecco, das man damals trank? Besser ab ins Auto und schnell rüber nach Udine oder Grado.
Ein junger Herr namens Charly erkannte und nutzte dieses Bedürfnis und eröffnete ohne große kulinarische Expertise, aber mit einem schlicht genialen Konzept beim Steg und im Garten der mütterlichen Pension ein kleines Lokal, das irgendetwas zwischen Strandcafé und Osteria war. Es gab großartige Pasta, eine ziemlich gute Auswahl und manchmal Fisch. Die Registrierkassa galt damals noch als Teil des Kinder-Kaufmannsladens. Charly rauchte auch beim Kochen seine Zigarillos, und die Preisgestaltung war großzügig. Angeblich galt die Regelung: Je größer das Boot, desto höher die Zahl. Aber das klingt nach ökosozialer Romantik und ist sicher von mir erfunden. Charly jedenfalls war seiner Zeit voraus.
»Heute boomt der See endlich auch kulinarisch, allen voran die vielen See-Bistros.«
Mittelmeer-Ersatz. Heute boomt dieser See endlich auch kulinarisch, empfehlenswerte Lokale zum Vorfahren mit der venezianischen Limousine gibt es genug. Diese Saison war und ist eine besondere, so gut besucht waren die Hotels schon seit Jahren nicht mehr. Mit Corona kamen vor allem die Wiener (wieder) an den See. Der Mittelmeer-Ersatz zeigt sich bei Sonnenschein von seiner türkisgrünen Seite, was aber ganz unpolitisch ist. Pamela Rendi-Wagner traf sich im Hotel Seefels auch mit Peter Kaiser und Genossen, man reiste natürlich per Boot an. Manche der Ausweichgäste waren schon lange nicht mehr oder noch nie am See gewesen. Es gibt sie natürlich immer noch, die Touristenfallen, die nicht nur teuer sind, sondern auch noch depressiv machen. Aber ernsthaft: Wer entscheidet sich, in Pörtschach griechisch essen zu gehen? Das wäre, wie am Attersee ein Pub für Fish and Chips aufzusuchen. Gibt es auch?