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Corona-Impfstoff vor US-Wahl? Heftige Kritik an Trump

 US-Präsident Donald Trump
US-Präsident Donald Trump REUTERS
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Der US-Präsident ortet ihm feindlich gesinnte Beamte, die die Entwicklung eines Corona-Impfstoffes erschweren würden. Demokraten und Experten reagieren empört.

Gesundheitsexperten und führende Demokraten haben US-Präsident Donald Trump dafür kritisiert, die für die Zulassung eines Corona-Impfstoffs zuständige Behörde unter Druck zu setzen. Trumps Einmischung in die wissenschaftliche Arbeit der Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA) gefährde die Gesundheit aller Amerikaner, so die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Die FDA müsse aufgrund der Verträglichkeit und Wirksamkeit eines Impfstoffs entscheiden, "nicht wegen politischen Drucks aus dem Weißen Haus", schrieb die Demokratin auf Twitter.

Trump hatte zuvor auf Twitter behauptet, bei der FDA erschwerten ihm feindlich gesinnte Beamte die Entwicklung von Corona-Medikamenten und Impfstoffen, damit es vor den Wahlen am 3. November keine Erfolgsmeldung geben könne. Vertreter eines "tiefen Staates, oder wer auch immer", machten es den Pharmaunternehmen schwer, Probanden für Medikamente und Impfstoffe zu finden, schrieb er weiter.

An Behördenchef Stephen Hahn gerichtet schrieb Trump: "Wir müssen uns auf Geschwindigkeit und das Retten von Leben konzentrieren."

Nicht nur Perlosi zeigte sich über die Äußerungen des Präsidenten  empört, auch die Epidemiologin Caitlin Rivers von der Universität Johns Hopkins in Baltimore erklärte: "Eine Impfung muss sicher, wirksam und vertrauenswürdig sein." Alle drei Kriterien müssten erfüllt werden. "Es wäre eine Tragödie, wenn Politiker aus politischen Gründen die eine Sache in Gefahr bringen würden, die uns erlauben könnte, zu unserem normalen Leben zurückzukehren", schrieb Rivers auf Twitter.

Der frühere Chef der US-Gesundheitsbehörde CDC, Tom Frieden, mahnte, bei der Entwicklung von Impfstoffen dürften keine Abkürzungen genommen werden. Der Prozess müsse transparent und rigoros sein.

Trumps Stabschef Mark Meadows verteidigte die Aussagen des Präsidenten. Manche Beamte und Wissenschafter wollten trotz der hohen Dringlichkeit Dienst nach Vorschrift machen, sagte er dem Fernsehsender ABC. Der Präsident mache Druck, um die Bürokratie zu reduzieren. "Er musste sicherstellen, dass sie die Hitze spüren. Wenn sie das Licht nicht selbst sehen, dann müssen sie die Hitze fühlen", sagte Meadows. "Die Menschen in Amerika leiden", sagte er.

Bekanntgabe von "bedeutendem Durchbruch"

Das Weiße Haus kündigte unterdessen eine Pressekonferenz Trumps mit FDA-Chef Hahn an. Dabei werde es um einen "bedeutenden therapeutischen Durchbruch" gehen, erklärte Trumps Sprecherin. Details nannte sie nicht.

Trump bewirbt sich im November um eine zweite Amtszeit. Die Corona-Pandemie und die von ihr ausgelöste Wirtschaftskrise könnte ihn Umfragen zufolge aber einen Wahlsieg kosten. Trump hatte bereits zuvor gesagt, er hoffe, dass es etwa zur Zeit der Wahl einen Impfstoff geben werde. Experten haben allerdings gewarnt, dass jegliche politische Einmischung in die Zulassung dessen Legitimität und Sicherheit infrage stellen könnte. Sollte es bezüglich des Impfstoffs Zweifel geben, könnten viele Menschen auf eine Impfung verzichten, womit die Pandemie letztlich schwerer einzudämmen wäre.

FDA-Chef Hahn hat wiederholt erklärt, dass sich die Behörde bei der Zulassung eines Corona-Impfstoffs an ihre bekannten und streng wissenschaftlichen Abläufe halten werde.

Corona-Impfung - Status quo

Derzeit befinden sich mehrere Impfstoffkandidaten in großen klinischen Studien mit bis zu 30.000 Probanden. Sollten diese im Herbst erfolgreich abgeschlossen sein, könnten die Aufsichtsbehörden mit dem - normalerweise aufwendigen und langwierigen - Prozess der Zulassung beginnen. Experten der US-Regierung, darunter der Immunologe Anthony Fauci, haben sich zuversichtlich gezeigt, dass es Anfang oder Mitte 2021 einen wirksamen Impfstoff geben könnte.

In den USA, einem Land mit 330 Millionen Einwohnern, gibt es bisher rund 5,7 Millionen bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und 176.000 damit in Verbindung stehende Todesfälle. Täglich werden im Schnitt rund 45.000 Neuinfektionen gemeldet.

(APA/dpa/Red. )

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