Coronavirus

USA erlauben Covid-Behandlung mit Blutplasma

In Manhatten demonstrierten unlängst zahlreiche Menschen gegen Trumps Corona-Politik.
In Manhatten demonstrierten unlängst zahlreiche Menschen gegen Trumps Corona-Politik. REUTERS
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Es handelt sich um eine Notfallgenehmigung, keine formelle Zulassung. Obwohl es noch keine Studien gibt, die die Wirksamkeit belegen, ortet US-Präsident Trump einen „historischen Durchbruch“.

Die US-Regierung erteilt eine Notfallgenehmigung für die Behandlung der Erkrankung Covid-19 mit Blutplasma, das Antikörper gegen das Coronavirus enthält. Bei der sogenannten Immunplasma-Therapie bekommen Patienten Plasma von Menschen, die nach einer natürlichen Infektion Antikörper gebildet hatten. Plasma wird seit über 100 Jahren genutzt und gilt als sicher für Patienten.

Bisher noch unklar ist aber, wie wirksam Plasma tatsächlich ist, um die Covid-Sterblichkeitsrate zu senken. Der Chef der zuständigen Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA), Stephen Hahn, sprach von begrenzten, aber bisher "vielversprechenden" Daten zur Wirksamkeit.

US-Präsident Donald Trump, der zuletzt öffentlich Druck auf die Behörde gemacht hatte, um schnellere Fortschritte verkünden zu können, bezeichnete die Notfallgenehmigung als "sehr historischen Durchbruch". Trump dürfte die Ankündigung vom Sonntagabend (Ortszeit) sehr gelegen kommen: Am Montagabend beginnt der Parteitag der Republikaner, bei dem er diese Woche offiziell als Kandidat für die Wahl im November nominiert werden soll.

Keine formelle Zulassung

Die Behandlungsmethode mit Plasma ist in den USA bereits weit verbreitet. Von einem Durchbruch zu sprechen, scheint daher eher übertrieben. Im Rahmen einer klinischen Sondergenehmigung haben bereits rund 70.000 Menschen Plasma erhalten, wie die FDA erklärte.
Die Notfallgenehmigung entspricht zudem keiner formellen Zulassung,
für die wesentlich höhere Hürden gelten. Auch ist das Plasma-Angebot
begrenzt, da es nur aus Blutspenden Genesener gewonnen werden kann.

Der Schritt der FDA mache vor allem den Handel mit Plasma einfacher und dürfte Herstellern helfen, ihre Kosten zu decken, wie der frühere FDA-Chef Scott Gottlieb im Voraus dem Fernsehsender ABC
sagte. Es handle sich aber insgesamt nur um einen kleinen Schritt,
sagte er.

Die Idee hinter der Plasma-Behandlung ist bestechend: Weil es noch keinen Impfstoff gibt, der die Bildung von Antikörpern gegen Sars-CoV-2 anregt, verabreicht man Patienten Antikörper von Menschen, die diese nach einer natürlichen Infektion gebildet haben. Zu dem Verfahren laufen weltweit Studien. Bisher gibt es aber keinen überzeugenden Nachweis, ob und wie sehr Plasma Covid-Patienten tatsächlich hilft.

In den USA haben Forscher Daten aus der Anwendung der Mayo Clinic
zu 35.000 zumeist schwer erkrankten Patienten erfasst. Ihre bisher unveröffentlichte Studie zeigt, dass Patienten, die drei Tage nach einer Covid-Diagnose eine Transfusion bekamen, eine etwas geringere Sterblichkeitsrate hatten als jene, die später behandelt wurden.
Allerdings gab es bei der Studie keine Kontrollgruppe, die Ergebnisse sind also nur sehr begrenzt aussagekräftig. Weitere Studien, bei denen ein Teil der Probanden nur ein Placebo bekommt, laufen noch.

Trump wiederum sprach bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus von einer "wirkmächtigen Therapie" mit einer "unglaublichen Erfolgsrate". Seine Aussagen waren aber nicht von der schriftlichen Genehmigung der FDA gedeckt, die angesichts der bisher unzureichenden Datenlage vorsichtig von einer möglichen positiven Wirkung sprach.

Fast 177.000 Covid-Tote in den USA

Trump war am Wochenende in die Kritik geraten, weil er Druck auf die FDA machte, Behandlungsmöglichkeiten und Impfungen möglichst schnell zu genehmigen. Trump hat wiederholt gesagt, er hoffe, dass es in etwa bis zur Wahl im November einen einsatzbereiten Corona-Impfstoff gebe. Derzeit laufen mehrere große klinische Studien zu Impfstoffen. Eine Verfügbarkeit vor nächstem Jahr gilt jedoch bei einer Prüfung unter Einhaltung der wissenschaftlichen Kriterien als unwahrscheinlich.

Die Behandlung mit Plasma, dem sogenannten Rekonvaleszenten-Plasma, hat folgenden biologischen Hintergrund: Im Verlauf einer Infektion bildet das Immunsystem eines Menschen unter anderem Antikörper, um den eingedrungenen Erreger zu beseitigen. Diese Antikörper bleiben nach einer Infektion zumindest eine Weile im Körper erhalten. Man kann also aus dem Blut Genesener die Antikörper gewinnen und diese dann akut Erkrankten verabreichen -
damit sie auch bei ihnen das Virus bekämpfen und die Schwere der
Erkrankung abmildern.

Die Corona-Pandemie ist in den USA weiterhin völlig außer
Kontrolle. Die Behörden haben bisher rund 5,7 Millionen bestätigte
Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2 gemeldet. Fast 177.000
Menschen starben.

(APA/dpa)

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