Immobilien

Lagerhaus statt Hotel: Staatsfonds investieren anders

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Hotels und Büros sind wegen der Corona-Krise nicht mehr ausgelastet. Die Immobilien-Investments von Staatsfonds sind um 65 Prozent gefallen.

Die Corona-Krise zwingt Staatsfonds zum Umdenken. Sie stecken weniger Geld in klassische Büro- und Hotelimmobilien, die ihnen jahrelang stabile Renditen eingebracht haben. Wegen der Pandemie stehen nun aber auf der ganzen Welt Büros leer, Hotels sind nicht einmal annähernd ausgelastet und zahlreiche Einzelhändler haben Schwierigkeiten, sich über Wasser zu halten. In den Fokus der Staatsfonds rücken daher Immobilien für die Logistik- und Gesundheitsbranche. "Immobilien werden bei Staatsfonds auch künftig einen großen Teil der Portfolien ausmachen, aber sie wollen Diversifizierung und Widerstandsfähigkeit und schauen sich daher in anderen Branchen um", sagt Diego Lopez, Chef bei der auf Staatsfonds spezialisierten Beratungsagentur Global SWF.

Die Investitionen von Staatsfonds in den Immobiliensektor sind insgesamt deutlich eingebrochen, wie Daten von Global SWF zeigen, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegen. Demnach legten die riesigen Investmentvehikel aus reichen Ländern wie Norwegen, Singapur oder Katar in den ersten sieben Monaten 2020 rund 4,4 Milliarden Dollar im Immobiliensektor an - das waren 65 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2019.

Zahlen der Beratungsfirma Jones Lang LaSalle (JLL) zufolge schrumpften die direkten Investitionen in gewerbliche Immobilien im ersten Halbjahr global um 29 Prozent auf 321 Milliarden Dollar. Das war der niedrigste Stand seit 2012. Am stärksten unter die Räder kamen der Studie zufolge gemischt genutzte Immobilien (minus 57 Prozent) und Hotels (minus 50 Prozent). Büroobjekte hätten circa ein Drittel eingebüßt. Vor allem bei Investments in Städten wie Los Angeles oder London hielten sich die Fondsmanager zurück, obwohl Gewerbeimmobilien in solchen Metropolen in der Regel heiß begehrt sind.

Weniger stark betroffen seien dagegen Investitionen in Logistikimmobilien, sie gingen laut JLL um 13 Prozent zurück. "Wir merken an allen Standorten, dass die Marktteilnehmer wieder auf der Suche nach geeigneten Flächen sind und ihre Expansionspläne weiterverfolgen möchten", sagt Peter Kunz vom Immobilienberater Colliers International zur Lage auf dem Markt für Industrie- und Logistikimmobilien. Bis zum Ende des Jahres würden einige größere Angebote an Logistikimmobilien in Deutschland auf den Markt kommen. Positiv schätzen die Experten auch die Aussichten für Gebäude in der Biotech-Branche ein. "Wir erkennen einen starken Anstieg der Nachfrage nach Laboren", sagt Alistair Meadows, Manager bei JLL in Großbritannien.

Pendler wollen nicht mehr pendeln

Eine Umschichtung in den Portfolien könnte nach Meinung von Experten weitreichende Folgen für die gesamte Immobilienbranche bedeuten, denn Staatsfonds haben viele Milliarden Dollar zu verteilen. Unter den Top-10-Immobilienanlegern finden sich dem Researchhaus IPE Real Assets zufolge gleich drei der staatlichen Investoren.

Experten rechnen damit, dass in Folge der Corona-Pandemie manche Büros vor allem in Stadtrandlagen künftig nicht mehr benötigt werden, da mehr Menschen von zu Hause aus arbeiten. "Immobilienanbieter in einigen Regionen werden ziemlich darunter leiden, dass Mitarbeiter sich die quälende Pendlerei ersparen wollen", sagt Immobilienspezialistin Yolande Barnes von der Londoner Universität UCL. Andreas Wende, Geschäftsführer der Immobilienberatungsgruppe NAI Apollo, rechnet mit einem Rückgang der benötigten Büroflächen um 20 bis 30 Prozent in Deutschland. Analysten erwarten steigende Leerstände und sinkende Mieten.

Ganz verschwinden werden Immobilien vom Radar der großen Investoren nicht, da sind sich Experten einig. "In einer Welt mit vielen Turbulenzen sind Immobilien egal welcher Art immer noch eine gute Alternative zu anderen Anlagemöglichkeiten", sagt UCL-Professorin Barnes.

(Reuters)

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