SPÖ und Gewerkschaften kochen in der Coronakrise wieder das Thema Arbeitszeitverkürzung auf. Ökonomen sehen diese kritisch. Wie stehen Sie zur Vier-Tage-Woche? Diskutieren Sie mit!
Digitalisierung, Flexibilisierung - und dann kam auch noch Corona, mit viel Home-Office und viel Kurzarbeit. Unsere Arbeitswelt ändert sich. Doch die gesetzliche Normalarbeitszeit bleibt gleich. Soll das so sein? SPÖ und Gewerkschaften sagen Nein und starten eine Kampagne für die Vier-Tage-Woche. Die Idee dahinter: Wer freiwillig auf 80 Prozent reduziert, soll 95 Prozent des Letztgehalts erhalten. Das Modell soll vorerst für drei Jahre gelten - und hat parteiintern für Kritik gesorgt (Josef Urschitz freut sich in einer Glosse übrigens schon auf den „spannenden Schaukampf").
Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) erteilte dem Vorschlag fürs Erste eine Absage: „Für eine Arbeitszeitverkürzung ist jetzt der völlig falsche Zeitpunkt“, sagt sie im Interview mit Jeannine Hierländer und Ulrike Weiser. Sie will weiter auf das Modell der Kurzarbeit setzen.
Hanno Lorenz, Ökonom beim wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria, nennt in einem Gastkommentar die französische Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden als Negativ-Beispiel. Ganz anders Oliver Picek, Chefökonom des Momentum Instituts, quasi der Gegenpol zur Agenda Austria, der Frankreich als Vorbild sieht.
„Ich glaube es wäre verfehlt, die jetzige schwierige Arbeitsmarktsituation durch eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung lösen zu wollen“, sagt indes Wifo-Chef Christoph Badelt. Die beiden großen Wirtschaftsinstitute Wifo und IHS würden eher in Ausbildung und Umschulung von Arbeitslosen als in Kurzarbeit investieren.
Querschreiberin Anna Goldenberg bekennt sich dagegen zur Arbeitszeitverkürzung und fragt in ihrer Kolumne: „Warum das Ganze nicht mit Vermögenssteuern gegenfinanzieren?“. Weiter schreibt sie: "Psychische Erkrankungen nehmen zu, verursachen mittlerweile fast 40 Prozent der Frühpensionierungen.“ Auch aus gesundheitlichen Gründen tritt sie für kürzere Arbeitszeiten ein.
»"Das Statussymbol ist Zeit"«
Aus wirtschaftlichen Gründen hat sich dagegen ein oberösterreichischer Unternehmer dafür entschieden. Klaus Hochreiter sattelte auf 30 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich um, auch um die besten Talente zu bekommen. Die Jungen könne man mit mehr Gehalt nicht locken. „Das Statussymbol ist Zeit“, sagt er im Gespräch mit der „Presse“.
Doch auch ohne Regeländerungen sinkt die Arbeitszeit von Vollbeschäftigten, im vorigen Jahr arbeiteten sie effektiv knapp über 35 Stunden pro Woche, hat Gerhard Hofer recherchiert.
(sk)
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