Netflix-Serie

„Indian Matchmaking“: Mit Begeisterung in die arrangierte Ehe

(c) Netflix/ Yash Ruparelia
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Die Doku-Soap „Indian Matchmaking“ zeigt, wie Ehen unter (US-)Indern gestiftet werden. Amüsant, wenig kritisch. Und am Ende fehlt der Netflix-Serie etwas.

Der eigentliche Star der Netflix-Doku-Serie „Indian Matchmaking“ wirkt unverkuppelbar: Die 34-jährige indischstämmig Anwältin Aparna, die in Texas lebt, hat hohe Ansprüche. Sehr hohe. Sie will keinen Mann mit Humor. Er soll auf keinen Fall Anwalt sein! Ehrgeizig muss er sein, aber wenn ihm sein Job Spaß macht, ist ihr das suspekt. Und er muss sie anbeten – denn sie findet sich toll. Ihr größter Fan ist ihre Mutter, die auch ihre beste Freundin ist. Ob es einen Mann gibt, der den Vorstellungen der beiden entspricht? Die indische Kupplerin Sima Taparia aus Mumbai legt Aparna einige Lebensläufe von heiratswilligen Klienten vor, genannt „Biodatas“, aber irgendwie hat Aparna an allen etwas auszusetzen. Bald keimt im Zuschauer der Verdacht: Vielleicht sucht sie gar niemanden. Sie scheint sich selbst genug zu sein – und eine Heirat ist vielleicht mehr der Wunsch der Familie als ihr eigener.

Wie die Serie zeigt, dürfte der Druck zu heiraten unter Indern immens sein – egal ob sie nun in Indien leben oder im Ausland. In der Ehe gehe es dabei weniger um die Verbindung zweier Menschen, die sich lieben, sondern darum, zwei Familien miteinander zu verknüpfen, betont die Kupplerin Sima immer wieder. Die Eheleute müssten eben Kompromisse eingehen. Und die Liebe komme dann schon.

(c) Netflix

Klingt wenig romantisch, ist es aber gar nicht. Schließlich schaut man hier bei zahlreichen ersten Dates zu, bei dem sich die Heiratswilligen wirklich Mühe geben. Hier geht es ums Ganze. Die Klienten Simas müssen sich öffnen – und man schließt sie als Zuschauer ins Herz. Etwa die Eventmanagerin Nadia aus New Jersey, eine schöne, strahlende Frau. Euphorisch zählt sie auf, was sie alles neben der Arbeit macht, tanzen etc. Sie sei nur deswegen so aktiv, weil sie sonst merke, wie einsam sie sei, gibt sie dann zu.

Liebenswert wirkt auch Vyasar, der in Texas lebt. Der Lehrer mag Spiele, Comics und ist ein bisschen ein Nerd. Zu einem schwierigen Fall macht ihn vor allem seine Familiengeschichte: sein Vater war im Gefängnis. Dass ihre Klienten aus „good families“ stammen, ist der Kupplerin wichtig. Schon ein schwarzes Schaf ist zu viel. Solche Dinge hinterfragt „Indian Matchmaking“ kaum. Ebenso wenig wie die Rolle, die Kaste in Indien sehr wohl noch spielt ist. Dass geschiedene Mütter in Indien unvermittelbar sind. Oder dass sich viele der Männer (und ihre Mütter) eine möglichst hellhäutigen Partnerin wünschen. Die Serie zeigt auch nur einen winzigen Ausschnitt aus der indischen Gesellschaft. Es sind keine Muslime oder Anhänger anderer Glaubensrichtungen unter den Protagonisten. Sie sind – mit Ausnahme des Lehrers Vyasar – wohlhabend. Manche sogar richtig reich.

Wie „Tinder“ mit älterer indischer Dame

Meistens wirkt „Indian Matchmaking“ wie eine Art „Tinder“-Kuppelshow mit einer älteren indischen Dame statt eines Algorithmus. Aber es gibt auch eine hässlichere Seite dieser arrangierten Ehen. Das sieht man etwa an Akshay aus Mumbai. Der 25-jährige wird von seiner Mutter (auch so ein „beste Freundin“-Fall) regelrecht hineingedrängt in eine Ehe. Sechs Monate gibt sie ihm, bis er heiraten muss. Sonst, droht sie ihm an, würden sein Vater und sie eine Braut für ihnen aussuchen – ohne dass er Mitspracherecht hat.

Dabei wirkt der introvertierte Akshay alles andere als bereit. Als „traditionell“ wird die Familie beschrieben. Was das heißt? Die potentiellen Eheleute treffen einander gemeinsam mit ihren Eltern, wechseln dabei kaum ein paar Worte. Nach ein paar Gesprächen am Telefon (es geht unter anderem darum, ob man Katzen oder Hunde mag) folgt die Verlobungsfeier.

Ein „Face reader“ und ein Astrologe

Und dann gibt es auch noch diese Sache mit dem „Face reader“ und dem Astrologen, der die Sterne der möglichen Ehepartner abgleicht. Beide sind nicht gerade zurückhaltend in ihrer Meinung: „Wenn sie ihn nicht nimmt, sieht ihre Zukunft düster aus“, sagt der „Face reader“ einmal. Es geht dabei übrigens nicht um die Anwältin Aparna.

Noch etwas fehlt der Serie, vielleicht hat man das bewusst unterschlagen, um einer möglichen zweiten Staffel nicht vorzugreifen: wenn es zwischen zwei Heiratswilligen gut aussieht, verschwinden sie vom Bildschirm. Auch am Ende der achten und letzten Folge erfährt man nicht, ob aus ihnen ein Paar wurde. Schade. Nach den vielen schwierigen Dates wünscht man sich ein bisschen Harmonie.

„Indian Matchmaking“, Netflix

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