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Zeitreisen: Vier sehenswerte Filme und eine spaßige Serienfolge

I Remember Productions / DR MEMENTO (MEMENTO) de Christopher Nolan 2000 USA avec Guy Pearce photographie, tatouages PUB
I Remember Productions / DR MEMENTO (MEMENTO) de Christopher Nolan 2000 USA avec Guy Pearce photographie, tatouages PUB(c) imago images/Prod.DB (via www.imago-images.de)
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Christopher Nolans verspäteter Sommerblockbuster „Tenet“ spielt clever mit der Formbarkeit von Zeit. Die ist im Kino schon seit jeher ein labiles Element. Ein paar Rückwärtsgeschichten und Epochenparcours zum Streamen.

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Memento

Regie: Christopher Nolan
Zu sehen auf Netflix, Sky

Filme sind – da sind sich fast alle Kritiker, Theoretiker und Philosophen, die sich näher mit dem Medium beschäftigt haben, einig – immer auch kleine Zeitreisen. Etwas, was in dieser Form nicht mehr existiert, wurde auf Zelluloid (oder Festplatte) gebannt und kann jetzt via Projektion zu neuem Leben erwachen: ein melancholisch stimmendes Wunder. Viele Filme reflektieren diese Kerneigenschaft der siebten Kunst, indem sie den Rückblick zum narrativen Prinzip erklären. Christopher Nolans kultiger Durchbruch „Memento“ war freilich nicht die erste Laufbildarbeit, die sich retroaktiver Erzähltechnik bediente. So beginnt etwa Oldřich Lipskýs schwarze Komödie „Happy End“ (1967) mit der Hinrichtung seiner Hauptfigur – und rollt deren Geschichte konsequent von hinten auf. „Burning“-Regisseur Lee Chang-dong nutzt den Kniff für dramatische Wucht: In seinem Klassiker „Peppermint Candy“ (1999) zeichnen fünf Episoden nach, wie soziale Kräfte und fatale Entscheidungen den Lebensmut eines gewöhnlichen Mannes ausgemerzt haben. Nolan erkannte hingegen das Spannungspotenzial des Konzepts: Der von Guy Pearce gespielte Protagonist seines vertrackten Krimis leidet an einer Art von Amnesie, die ihn frisch Erlebtes vergessen lässt. So tappten wir an seiner Seite im Krebsgang im Dunkeln – bis zum tragischen Finale.

Source Code

Regie: Duncan Jones
Zu sehen auf Amazon

Was würden Sie tun, wenn Sie durch die Zeit reisen könnten? Begangene Fehler „beheben“ oder nicht? Dass dieser pragmatische Gedanke philosophisch unhaltbar ist (wer weiß, welche Auswirkungen vermeintlich vernünftige Korrekturen auf die Gegenwart hätten), gehört zu den wichtigsten Lehren der Zeitreisen-Denkfigur. Doch seine Tauglichkeit für Science-Fiction-Thriller wird sich ziemlich sicher nie erschöpfen. Ein relativ rezentes und unterhaltsames Beispiel ist „Source Code“: Darin wird ein Pilot (Jake Gyllenhaal) von der US-Regierung via Zukunftstechnologie in die Erinnerungen eines Verstorbenen eingespeist, um Infos über einen Terroranschlag zu sammeln. Kann er ihn vielleicht sogar verhindern?

Philip J. Fry, Bender Bending Rodriguez & Turanga Leela Television: Futurama (TV Serie) Usa 1999�2013, 28 March 1999 PUB
Philip J. Fry, Bender Bending Rodriguez & Turanga Leela Television: Futurama (TV Serie) Usa 1999�2013, 28 March 1999 PUB(c) imago images/Mary Evans (Rights Managed via www.imago-ima)

Futurama – Die unglaubliche Reise in einer verrückten Zeitmaschine (The Late Philip J. Fry)

Staffel 7, Folge 7
Zu sehen auf Amazon

Gemeinhin führen Reisen durch die Zeit in Film und Fernsehen rückwärts. Doch es gibt ein paar Ausnahmen, die es zurück in die Zukunft zieht. Ein kleines, aber feines Beispiel: die Episode von Matt Groenings verspielt-verschrobener Sci-Fi-Animationsserie „Futurama“, in der sich unser dümmlicher Antiheld Philip Fry kurz vor einem wichtigen Date mit seiner Flamme Leela in eine Zeitmaschine verirrt, die nur einen Vorwärtsgang hat – und versehentlich ein paar Jahrtausende zu weit reist. Also bleibt ihm und seinen Freunden nur die Flucht nach vorn, bis ans Ende des Universums und darüber hinaus. Die Daseinsgeschichte in spaßigen zwanzig Minuten – inklusive romantischer Pointe. Entzückend!

Iwan Wassiljewitsch wechselt den Beruf

Regie: Leonid Gaidai
Zu sehen auf dem Youtube-Kanal von Mosfilm

Der Sowjetkommunismus hatte mit Zeitreisen nicht viel am Hut. Wozu auch, wo doch laut historischem Materialismus alles vorherbestimmt war? Dennoch gehört ein Zeitreisefilm zu den lustigsten und erfolgreichsten Komödien der UdSSR. Schurik (Alexander Demjanenko) – Schussel, Nerd und Ingenieur – bastelt in seiner Wohnung eine Zeitmaschine. Und stolpert mit seinem Hausmeister und einem flüchtigen Einbrecher in die Legislaturperiode Ivan des Schrecklichen. Den es dann in den Moskauer Alltag der 1970er verschlägt. Das Resultat? Konfusion und Klamauk. Auf dem YouTube-Kanal des russischen Studios Mosfilm kann man sich dieses abgedrehte Possenspiel kostenfrei sehen – mit deutschen Untertiteln.

Looper

Regie: Rian Johnson
Zu sehen auf Netflix

Filme, die versuchen, Zeitreisen „realistisch“ in Szene zu setzen (beispielsweise „Primer“, 2004), enden schnell in völliger Verwirrung, die nur Hardcorefans von Rätselplots (oder der Relativitätstheorie) wirklich zu begeistern vermag. Ein gewisses Maß an Gleichmut gegenüber den eingebauten Paradoxien des Zeitreisekonzepts muss man also mitbringen, um sich auf Arbeiten einlassen zu können, die es primär für Spannungszwecke nutzen – oder für Poetisches. Rian Johnsons „Looper“ bemüht sich um beides, einem anderen Time-Travel-Film mit Bruce Willis („12 Monkeys“) nicht unähnlich. Nur ist Willis hier nicht der Held, sondern dessen ältere Version. Als junger Auftragskiller im Jahr 2044 eliminiert Joe (Joseph Gordon-Levitt) Menschen, die ihm Gangster aus der Zukunft vor die Füße werfen. Bis er eines Tages seinem eigenen, gealterten Antlitz ins Auge blickt. Und nicht abdrückt. Jetzt werden beide Joes vom Verbrechersyndikat gejagt. Und kommen zum Schluss, dass sie einiges voneinander lernen können – über die wirklich wichtigen Dinge des Lebens. An die berückende Vergänglichkeitsreflexion von Chris Markers vorbildlichem Temporaltrip „La jetée“ (1962) kommt dieser Film zwar nicht heran, trägt aber immerhin Spuren seines Temperaments in sich.

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