Hybrid gegen Plug-In-Hybrid

Die Teilzeit-Elektrischen

Den Toyota Camry, links, gibt es nur als Hybrid – und Limousine. Der Škoda Superb iV kann auch Kombi. Wer hat beim Verbrauch die Nase vorn?
Den Toyota Camry, links, gibt es nur als Hybrid – und Limousine. Der Škoda Superb iV kann auch Kombi. Wer hat beim Verbrauch die Nase vorn?(c) Heidrun Henke
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Wie viel Elektrifizierung darf's denn sein? Und wie viel ist sinnvoll? Der Konzeptvergleich zwischen Toyota Camry als klassischem Hybriden und Škoda Superb iV mit Stecker kommt zu einem erstaunlichen Ergebnis.

Wien. Die große Elektrifizierung des Individualverkehrs ist im Gange, und Zweiräder haben den Trend scharf vorweggenommen: Mehr als jedes dritte verkaufte Fahrrad in Österreich war im Vorjahr ein Pedelec, was auch nur ein anderes Wort für Hybridantrieb ist. In dem Fall ziehen Wadenkraft und Elektromotor an einem Strang.

Bei Autos blieb die direkte Beteiligung der Fußsohlen am Vortrieb eine steinzeitliche Anwendung, Modell Fred Feuerstein hat es nie in die echte, nur in die Zeichentrickserie geschafft. Es braucht schon einen Verbrennungsmotor, der mit dem E-Antrieb gemeinsame Sache macht. Mehrere Varianten vom eher simplen Micro- bis zum hochkomplexen Parallel-Vollhybrid sind im Spiel, der entscheidende Unterschied ist aber: mit oder ohne Stecker?

Die Möglichkeit, den an Bord befindlichen Akku mittels externer Stromquelle zu laden, eröffnet größere elektrische Reichweiten, erhöht aber auch Aufwand und Gewicht. Plug-in-Hybriden mit ihrem höheren lokal emissionsfreien Potenzial wird steuerlich der rote Teppich ausgerollt: Kommt ein PHEV nach Norm rein elektrisch über 50 km weit, gibt es staatliche Förderungen, von denen Dienstwagennutzer am meisten profitieren. Fast alle Hersteller forcieren Plug-in-Hybride, weil sie den CO2-Flottenausstoß nach unten drücken, jedenfalls rechnerisch. Mit dem Superb iV hat nun auch Škoda ein solches Mittelklassemodell im Programm.

Camry als US-Bestseller

Toyota, wiewohl ebenfalls mit Plug-ins ausgerüstet, ist im Lager des klassischen Hybrids, bei dem alles an Bord ausgemacht wird: Der kleine Akku speist sich aus dem Benzinmotor und per Rekuperation, der E-Motor dient mehr als Zustupf, übernimmt solo nur kurze Distanzen.
Neu im Sortiment und dies nur mit Hybridantrieb ist der Camry – ein Name, bei dem man etwas ausholen muss. Der Camry ist eine Legende, allerdings eine, die sich nie bis nach Europa herumsprechen wollte.
Über viele Jahre hindurch war das Modell der bestverkaufte Pkw in den USA, immer noch werden dort jedes Jahr weit über 300.000 Exemplare abgesetzt. Auch in China ist der Camry ein Bestseller. Nur in Europa kam er trotz mehrerer Anläufe nie an. Auch beim aktuellen Comeback nach Österreich bleibt ein Manko bestehen: Vom Camry ist kein Kombi zu haben. Und Fließheck-Limousinen stehen derzeit nicht allzu hoch im Kurs.

Auch der Camry hat viel Kofferraum.
Auch der Camry hat viel Kofferraum. (c) Heidrun Henke

Sicherlich zu Unrecht, wenn man sich den enormen Kofferraum des Camry ansieht – er ist gar noch größer als jener des Superb Combi bei aufgestellten Rücklehnen. Beim Radstand – als Kenngröße für den Platz im Innenraum – bleibt der Camry dem Superb nicht viel schuldig, genau: 16 mm. Schlaues Packaging beherrschen also nicht nur die Tschechen, die den Superb auf Basis des VW Passat aufbauen. Auch dessen Hybridsystem wurde übernommen: 1,4-Liter-Turbo-Benziner und E-Motor teilen sich den Platz im Motorraum, der Akku ist unter den Rücksitzen untergebracht. Seine Kapazität sollte in den meisten Fällen ausreichen, tägliches Pendeln rein elektrisch zu bewältigen: Knapp über 40 Kilometer sind bei zurückhaltendem Gasfuß drin. Wer also zu Hause und im Büro laden kann, hat die Weichen zu spektakulär niedrigem Spritverbrauch gestellt, die Norm berichtet ja von unter zwei Liter/100 km. Theoretisch – denn der Superb ist ein Reise- und Langstreckenauto, dafür wurde er geschaffen. Und so haben wir ihn auch genutzt: elektrisch in der Stadt, weil immer brav angeleint, aber vorrangig mit Benziner auf Ausfahrt in die Berge. Dort gibt es weit und breit keine Lademöglichkeit, und sie würde auch keinen großen Unterschied machen: Auf der Autobahn sticht der Elektro-Joker nicht. Die Bilanz sind 6,4 l/100 km – ein schöner Wert für ein großes Auto mit kräftigem Benziner, aber doch weit von den Fabelwerten entfernt, auf die sich allerlei Förderprogramme beziehen.

Der Superb ist hochwertig verarbeitet und strahlt technoide Eleganz aus. Das höhere Gewicht im Vergleich zum konventionellen Superb ist spürbar. Der PHEV bringt 265 kg mehr auf die Waage als der Camry, der sich auch leichtfüßiger und direkter ansprechend in Bewegung setzt. Der Toyota hat den viel größeren Vierzylinder unter der Haube, allerdings ist der ganz auf Sparsamkeit gepolt; sein eher schwächliches Drehmoment kompensiert der Elektromotor. Die Übersetzung besorgt ein stufenloses Getriebe. So hat es Toyota seit dem ersten Prius angelegt, nur dass der Camry elektrisch deutlich ausdauernder ist. Kaum hör- oder spürbar tritt der Benziner auf den Plan.

Dass der Camry Hybrid in der Realität mehr als einen Liter weniger Sprit verbraucht als der Plug-in-Hybrid, dabei seine Halter niemals mit schlechtem Gewissen plagt, weil sie ladefaul sind oder auf großer Fahrt gar nicht laden können, das zeigt deutlich den Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Bei allem Aufwand der Plug-in-Technologie – erst die passende Nutzung bringt den versprochenen Effekt.

Škoda Superb Combi IV

Maße L/B/H 4862/1864/1477 mm. Radstand 2841 mm. Leergewicht 1752 kg. Kofferraum 510-1800 l.
Antrieb Ottomotor-Elektro-Hybrid. R4-Zylinder-Turbo, 1395 ccm, max. 115 kW (156 PS) bei 5000/min. Elektromotor mit max. 88 kW. Systemleistung max. 160 kW (218 PS). Li-Io-Akku, Kapazität 10 kWh netto. Frontantrieb. Sechsgang-DSG. 0-100 km/h in 7,8 sec. Vmax 225 km/h.
Testverbrauch 6,4 l/100 km.
Preis ab 44.810 Euro (“Style“, DSG).

Toyota Camry 2,5 Hybrid

Maße L/B/H 4885/1840/1445 mm. Radstand 2825 mm. Leergewicht 1595 kg. Kofferraum 524 l.
Antrieb Ottomotor-Elektro-Hybrid. R4-Zylinder, 2487 ccm, max. 131 kW (178 PS) bei 5700/min. Drehstrom-Synchronmotor, max. 88 kW. Systemleistung max. 160 kW (218 PS). Ni-Mh-Akku, Kapazität 4,2 kWh. Frontantrieb. CVT-Getriebe. 0-100 km/h in 8,3 sec. Vmax 180 km/h.
Testverbrauch 5,2 l/100 km.
Preis ab 39.790 Euro („Business“).

Compliance-Hinweis: Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2020)

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