Junge Forschung

Energieversorgung der Zukunft

Marie-Gabrielle Macherhammer ist überzeugt davon, dass die Wasserstofftechnologie helfen kann, die Pariser Klimaziele zu erreichen.
Marie-Gabrielle Macherhammer ist überzeugt davon, dass die Wasserstofftechnologie helfen kann, die Pariser Klimaziele zu erreichen.Helmut Lunghammer
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Wasserstoff ist ein unbegrenzt verfügbarer und sauberer Energieträger. Dieses Potenzial möchte Marie-Gabrielle Macherhammer für vielfältige Anwendungen nutzbar machen.
 
 

Viele Chemiker betrachten die Welt durch das Mikroskop. „Mir wurde schon im Studium klar, dass ich lieber auf großen Anlagen und mit komplexen Maschinen arbeite“, sagt Marie-Gabrielle Macherhammer. Sie ist Projektleiterin am Hydrogen Center Austria (Hycenta), einer der größten außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Wasserstofftechnologie in Europa. Dass sie im zweiten Abschnitt ihres Studiums in Technischer Chemie die Richtung Chemieingenieurwesen wählte, ist heute eine gute Grundlage für ihre Forschung. „Damals bekam ich erstmals Einblick in Anlagentechnik und Prozessentwicklung.“

Die Salzburgerin ist Teil des Teams rund um Hycenta-CEO Alexander Trattner, das nun bei den Technologiegesprächen des Forums Alpbach das Zukunftspotenzial der Wasserstoffforschung vorstellt. „Wasserstoff ist nicht nur das am häufigsten in der Natur vorkommende Element, sondern kann auch umweltfreundlich hergestellt und schadstofffrei in einer Brennstoffzelle verbrannt werden“, erklärt sie. „Darum setzt man große Hoffnungen auf ihn als Grundbaustein von Treibstoffen, etwa für Lkw oder Züge, aber auch als Speichermedium für Windenergie- oder Fotovoltaikanlagen.“ Noch sei jedoch eine Reihe technischer und wirtschaftlicher Fragen offen. Das Hycenta, angesiedelt auf dem Campus seiner Hauptgesellschafterin TU Graz, habe es sich zur Aufgabe gemacht, Antworten darauf zu finden.

Basis für grüne Energiespeicherung

„Es motiviert mich, mit meiner Arbeit einen Beitrag zur Energiewende leisten zu können“, unterstreicht Macherhammer. „Gerade weil wir die Auswirkungen des Klimawandels schon so deutlich sehen.“ Nach ihrer Dissertation in pharmazeutischer Verfahrenstechnik war sie zunächst in der Verpackungsindustrie tätig, bevor es sie vor eineinhalb Jahren wieder in die Forschung zog. „Mir gefällt, dass es am Hycenta um die Praxistauglichkeit dieser Technologie und um konkrete Anwendungen geht.“

Zurzeit leitet Macherhammer mehrere Projekte. Im Zuge des internationalen Verbundprojekts Recycalyse etwa, aus dem EU-Förderprogramm Horizon 2020, beschäftigt sie sich mit den größten Hürden für die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energiespeicherproduktion: den hohen Kosten und dem Einsatz seltener Rohstoffe wie Ruthenium, Iridium oder Platin bei der sogenannten Protonenaustauschmembran-Elektrolyse. „Bei der Elektrolyse wird destilliertes Wasser durch elektrischen Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten“, erklärt die Chemikerin. „Wasserstoff hat eine hohe Energiedichte und ist somit ein exzellenter Energieträger und Energiespeicher.“ Ziel ist es nun, die Katalysatoren dafür leistbar zu machen und ein Recyclingverfahren für die kritischen Edelmetalle darin zu entwickeln. „Unser Part ist das Bauen und Optimieren des Systems um diese neue Elektrolyseeinheit.“

Ein Schneemobil, das mit Wasserstoff fährt

Obwohl die Wasserstofftechnologie zurzeit in aller Munde sei, würden viele Details oft nicht richtig dargestellt oder verstanden, meint Macherhammer. „Darum freut es mich, dass wir die Diskussion in Alpbach mit Fakten unterstützen können.“ Die dortige Session am Freitag drehte sich um künftige Schritte und Anwendungsmöglichkeiten. Die Forscher zeigten aber auch bereits geerntete Früchte ihrer Arbeit. „Zum Beispiel Hysnow, ein Schneemobil aus Hinterstoder, das wir auf Brennstoffzellantrieb umgebaut haben.“ Jetzt fährt es mit Wasserstoff emissionsfrei. Auch die Tankstelle dafür hat Hycenta realisiert, beides zusammen mit Industriepartnern. „Erster Testfahrer war Weltcupsieger Hannes Reichelt.“

Die 35-Jährige ist kein Alpbach-Neuling. „Ich war schon 2009 hier und begeistert davon, mich direkt mit Experten und Entscheidungsträgern austauschen zu können.“ Spannend findet sie, dass heuer durch die Digitalisierung der Veranstaltung noch mehr Menschen teilnehmen können. Vor Corona war Reisen der liebste private Ausgleich der Forscherin. Mit Rucksack und Zelt kamen sie und ihr Mann unter anderem bis nach Usbekistan, Nepal oder Südafrika. „Nun erkunden wir eben vorerst die heimischen Berge.“

Zur Person

Marie-Gabrielle Macherhammer (35) hat an der TU Graz Technische Chemie studiert. Nach dem Master in Chemieingenieurwesen promovierte sie 2013 am dortigen Institut für Prozess- und Partikeltechnik in Verfahrenstechnik. Danach arbeitete sie in der Verpackungsindustrie. Seit März 2019 ist sie Projektleiterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Hycenta Research GmbH in Graz.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2020)

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