Ausblick

Kurz: "Es gibt schön langsam Licht am Ende des Tunnels"

Kanzler Sebastian Kurz bei seiner Rede.
Kanzler Sebastian Kurz bei seiner Rede.(c) APA (Georg Hochmuth)
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Eine neue Arbeitsstiftung, ein verlängerter Sonderurlaub für Eltern, ein „Pakt gegen die Einsamkeit“, aber keine Impfpflicht: Der Sommer 2021 soll wieder ein „normaler" werden, sagt der Kanzler. Bis dahin stehe aber "eine herausfordernde Zeit bevor".

„Das Jahr 2020 war bisher ein besonders herausforderndes, in jeglicher Hinsicht.“ Mit diesen Worten begann Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag eine Rede an die Österreicher. Es habe jedem Einzelnen schon „sehr viel abverlangt“. Doch es gebe eine gute Nachricht: „Es gibt schön langsam Licht am Ende des Tunnels“, meinte der Regierungschef. So sei es „sehr wahrscheinlich, dass die Coronakrise kürzer andauern wird, als es viele Experten am Beginn der Pandemie vorhergesagt haben.“ Woher er diese Zuversicht nehme?

Er habe über den Sommer mit nationalen und internationalen Gesundheitsexperten, Forschern, Medizinern, aber auch mit politischen Entscheidungsträgern gesprochen. Dabei habe sich herauskristallisiert, dass derzeit intensiv an Impfstoffen geforscht, an Behandlung- und Testmethoden gearbeitet werde. Das alles solle dazu führen, dass „aus heutiger Sicht, der nächste Sommer schon wieder ein normaler Sommer werden kann - und auch werden soll“.

Auch, weil es bis dahin einen Impfstoff geben könnte: „Es ist wichtig, breit und breitest möglich, jetzt Impfstoffe zu reservieren. Es ist ein Wettlauf der unterschiedlichen Staaten und Unternehmen, wer den ersten Durchbruch erzielt“, meinte Kurz. Eine Impfpflicht werde es nicht geben. Und: Österreichs Behörden würden einen Impfstoff nur dann zulassen, wenn er erprobt ist: „Das ist ja klar.“ 

„Wir wissen, dass es schon vielfach mutiert ist“

Man wisse heute viel mehr über das Coronavirus. „Wir wissen, dass es schon vielfach mutiert ist“, sagte Kurz. Man wissen von anderen Viren überdies, dass solche Veränderungen dazu führen können, dass es zwar ansteckender, aber im Verlauf milder werde. Ob dies auch auf den Erreger Sars-CoV-2 zutrifft, versuche die Wissenschaft gerade zu klären.

Eines sei indes schon jetzt klar: Man wisse heute viel genauer, wo man sich leicht anstecke, für wen eine Infektion besonders gefährlich sei und wie man „bestmöglich behandeln kann“. Das sei ein „wesentlicher Fortschritt“. Zugleich stehe aber auch fest, „dass in den nächsten Monaten noch eine herausfordernde Zeit bevorsteht“, betonte Kurz und verwies auf den nahenden Schulbeginn, die nahende kalte Jahreszeit, im Zuge derer vieles „nicht mehr im Freien, sondern indoor stattfinden wird“. Und: In der es wohl auch zu einer Grippewelle kommen werde, was es schwieriger machen dürfte, zwischen Grippe und Covid-19 zu unterscheiden.

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„Die steigende Anzahl von Neuinfizierten führt natürlich gezwungenermaßen zu einem notwendigen Verschärfen der Maßnahmen“, genauso wie sinkende Zahlen dazu führen würden, dass man Maßnahmen wieder zurücknehmen kann, stellte Kurz in Aussicht. Die Regierung werde daher auch in den kommenden Monaten ihren bisherigen Credo folgen, das da laute: „So viel Freiheit wie nötig und so viel Einschränkung wie nötig.“ Schon in der kommenden Woche werde man „entscheiden, ob weitere Maßnahmen notwendig sind oder nicht und dann darüber informieren“. Bis dahin und auch darüber hinaus laute die Bitte an die Bürger daher, wie zu Jahresbeginn nun auch in Richtung Jahresende so „diszipliniert wie möglich" zu sein, was das Einhalten von Hygienemaßnahmen und Abstandregeln betreffe.

Arbeitsstiftung geplant, Sonderurlaub für Eltern verlängert

Die Pandemie habe nicht nur das soziale Leben verändert, meinte Kurz: „Wir haben es mittlerweile auch mit einer Weltwirtschaftskrise zu tun, die wir in diesem Ausmaß lange nicht erlebt haben." Das „kleine Österreich“ bleibe da nicht verschont. Die Wirtschaft werde heuer um sieben Prozent einbrechen, doch schon im nächsten Jahr werde es wieder ein Wachstum gebe und das „Comeback beginnen". Türkis-Grün werde sich darum bemühen, Ziele aus dem Regierungsabkommen vorzuziehen, darunter das Betreiben einer „aktiven Ansiedlungspolitik“ und der Schaffung von Erleichterungen für Neugründungen, damit „möglichst viele neue Jobs" entstehen.

Eine Arbeitsstiftung solle geschaffen werden, um Arbeitssuchende  in „Zukunftsbranchen“ wie den Pflegebereich zu vermitteln - aktuell sind rund 420.000 Personen als arbeitslos gemeldet, vor einem Jahr waren es 330.000. Auch wolle man, gemeinsam mit dem Sozialpartnern, „eine verbesserte rechtliche Grundlage für das Home Office schaffen“.

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„Viele Eltern wurden über Nacht zu Lehrern", kam der Kanzler auf das Thema Bildungspolitik zu sprechen.  Sollte es im Herbst abermals zu punktuellen Schulschließungen kommen, werde die Möglichkeit, dass Eltern einen dreiwöchigen Sonderurlaub bekommen, weiter bestehen bleiben, kündigte er an. Eine Maßnahme, die ursprünglich mit September hätte auslaufen sollen. In den Schulen solle indes verstärkt „auf digitale Kanäle" gesetzt werden, um einen Unterricht auch im Fall einer Schulschließung gewährleisten zu können. Allen voran Kinder aus sozial schwachen Familien seien während der Pandemie für die Lehrer oft nicht erreichbar gewesen: „Daher ist es unser erklärtes Ziel, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passiert und in unseren Schulen kein einziges Kind mehr zurückbleibt.“

Um künftig ausreichend Fachkräfte im Land zu haben, sollen bestehende Universitäten  gestärkt und eine neue technische Hochschule in Oberösterreich gebaut werden.

„Paket gegen Einsamkeit“, demokratiepolitischer Dialog

Um die heimischen Produzenten zu unterstützen werde die öffentliche Hand „künftig in öffentlichen Kantinen, wann immer möglich, regional einkaufen". Denn, rechnete Kurz vor: Würden zwanzig Prozent mehr regionale Produkte gekauft, würde das 46.000 neue Arbeitsplätze bedeuten. Auch die Branchen Tourismus, Gastronomie und Reisen, die durch die Pandemie schwer getroffen wurden, gelte es, nicht aus den Augen zu verlieren.

Nicht vergessen werden dürften die Älteren. Die Einschränkung der sozialen Kontakte habe bei „sehr vielen Menschen sehr viel Verzicht bedeutet", räumte Kurz ein. Jene Personen, die in Pflegeeinrichtungen lebten, seien aber wohl besonders betroffen gewesen. Dabei sei „Einsamkeit im Alter kein neues Problem“, es habe sich aber verschärft. Um ein „Altern in Würde“ und damit Besuche auch in Pandemiezeiten zu ermöglichen, arbeite man in den Ministerien an einem „Pakt gegen die Einsamkeit".

Zuletzt nannte Kurz noch einen Punkt, „der mir persönlich wichtig ist". Er lautet: „Manche Trends, die es vorher schon gab, sind durch die Krise noch einmal beschleunigt worden und die werden auch nicht verschwinden." Gemeint ist: Die Regierung hatte zahlreiche demokratiepolitisch heikle Entscheidungen zu treffen, die unter normalen Umständen freilich undenkbar, während der Krise jedoch unumgänglich gewesen seien. Um darüber breit zu diskutieren habe er den Philosophen Konrad Paul Liessmann eingeladen, einen Raum für derartige Debatten im Bundeskanzleramt zu schaffen, so Kurz. Und, um nach vorne zu blicken: „Wir können uns sicher sein, dass diese Krise uns zwar zurückgeworfen hat, aber dass sie uns nicht aufgehalten hat. Wir werden in absehbarer Zeit zur gewohnten Normalität zurückkehren können", gab er sich überzeugt.

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