Nominiert in der Kategorie „Humanitäres Engagement": Alzheimer- oder Parkinsonpatienten leiden unter Vergessen, Bewegungs- und Sprachstörungen. Neurologe Roland Beisteiner schafft Abhilfe.
Wien. Man wollte etwas kaufen – weiß aber nicht mehr, was. Man erzählt einen Witz – doch die Pointe fällt einem nicht mehr ein. Man bekommt Besuch – und erkennt ihn nicht. Zwischen 115.000 und 130.000 Menschen in Österreich leiden an einer Form von Demenz. Aktuellen Schätzungen zufolge dürfte ihre Zahl bis 2050 auf rund 270.000 anwachsen. Und: Den meisten von ihnen dürfte Alzheimer diagnostiziert werden. Dahinter verbirgt sich eine Erkrankung, bei der sich im Gehirn Ablagerungen bilden, die die Informationsverarbeitung erschweren, was letztlich zum Absterben von Nervenzellen führt. Oder: in ein Leben voll Vergesslich- und Abhängigkeit. Denn: Eine Heilung gibt es nicht – noch nicht.
Ähnlich verhält es sich bei Parkinson, Multipler Sklerose oder einem Schlaganfall. Auch hier versagen Nervenzellen im Gehirn ihren Dienst, was zu Erinnerungslücken, Sprachstörungen, Stimmungsschwankungen, einer eingeschränkten Bewegungsfähigkeit und Muskelzittern führen kann.
Abhilfe schaffen könnte die in Wien entwickelte Transkranielle Pulsstimulation (TPS), an der der Neurologe Roland Beisteiner die vergangenen acht Jahre mit hohem persönlichen Einsatz als Leiter einer internationalen Forschungsgruppe gearbeitet hat. Das Verfahren ist nicht invasiv, das bedeutet, der Kopf muss nicht geöffnet werden, die Patienten sind während der Behandlung bei vollem Bewusstsein. Und: Sie benötigen keine Medikamente und haben weder währenddessen noch danach Schmerzen. Der Grund: Ultraschallwellen.
Konkret: „Mit der Magnetresonanz wird eine exakte Landkarte der Hirnareale des Patienten erstellt“, sagt der in Deutschland aufgewachsene Österreicher Beisteiner. „So erkennen wir, wo die betroffenen Stellen sind.“ Das hochkomplexe Ultraschallgerät wird entsprechend positioniert und ein drei bis fünf Millimeter breiter und drei Zentimeter langer Impuls abgegeben, der kurzfristige Membranveränderungen an den Hirnzellen auslöst. Die Folge: Noch funktionsfähige Nervenzellen werden aktiviert, das Gedächtnisnetzwerk angetrieben und die Gedächtnisleistung verbessert. „Nach sechs Einheiten binnen zwei Wochen hatten die Alzheimerpatienten bereits deutlich verbesserte Gedächtnisleistungen“, schildert der Neurologe, der auch diplomierter Konzertcellist ist. Zudem wurde eine Aufhellung der Stimmungslage beobachtet.
Und das nicht nur bei den Behandelten, sondern auch beim Entwickler: „Wenn alles nach Plan läuft, können wir in einigen Monaten die Therapie auch außerhalb von Studien für die Patienten anbieten“, schätzt Beisteiner. Davon läuft derzeit so manche: „Wir haben die Pilotphase abgeschlossen, jetzt befinden wir uns in der erweiterten klinischen Testung für Alzheimer und Parkinson“, erläutert Beisteiner. Und damit ist man noch lang nicht am Ende: „Wir gehen davon aus, dass mit unserer Methode auch Schlaganfallspatienten sowie Betroffene von entzündlichen Hirnleiden behandelt werden können.“ Geht die Rechnung tatsächlich auf, „ist das eine vielversprechende Zusatztherapie, womit der Patient eine weitere Chance erhält“. (hell)