Der Urlaub in den Bergen boomt. Die Arbeit, die hinter der Erhaltung der Wanderwege steckt, kennt kaum jemand.
Sommer

Wann sind wir endlich da? Die Herausforderung, Wanderzeiten zu berechnen

360 Grad Österreich. 40.000 Kilometer Bergwanderwege gibt es in Österreich: Über die komplizierte Berechnung der Gehzeiten und die »Amerikanisierung« der Wanderer.

In die Berg sind die Menschen heuer gern. So gern wie an den Seen in Kärnten. Berge haben wir in Österreich freilich mehr: Ein paar Tausend werden es sein, darunter – je nachdem, wie man einen Gipfel definiert – zwischen 695 (laut Alpenverein) und 979 (laut dem Niederösterreicher Willy Kreuzer, der alle bestiegen haben will) mit einer Höhe von mehr als 3000 Metern.

40.000 Kilometer ist das Wegenetz in den heimischen Alpen lang. Man könnte also einmal um die ganze Erde wandern. 26.000 Kilometer davon werden vom Österreichischen Alpenverein (ÖAV) betreut, um 14.000 kümmert sich der Deutsche Alpenverein (DAV). Eine Aufteilung, die übrigens bis ins Jahr 1873 zurückreicht, als die beiden Vereine fusionierten (seit 1938 sind sie interessanterweise wieder getrennt).
Es gibt viele Herausforderungen bei der Betreuung der Wege, eine nicht zu unterschätzende ist eine auf den ersten Blick recht banale: Wie kommen die angegebenen Gehzeiten zustande?

Im deutschsprachigen Raum gibt es dafür, wenig verwunderlich, eine Norm: DIN 33466. Sie besagt, dass ein Mensch in einer Stunde vier Kilometer im horizontalen Gelände zurücklegen kann, 300 Höhenmeter bewältigt oder 500 Meter Abstieg.

Für die Gehzeit im Gelände gilt folgende Formel: „Man nimmt die Zeiten für die horizontale Entfernung und jene für die Höhenmeter, halbiert den kleineren Wert und addiert ihn zum größeren“, wie Peter Kapelari erklärt, der seit 15 Jahren die Abteilung Hütten und Wege beim Österreichischen Alpenverein leitet. Im recht ausführlichen Wegehandbuch des Alpenvereins gibt es dafür folgendes Beispiel: Bei einem Höhenunterschied von 900 Metern – also drei Stunden Gehzeit – und einer horizontalen Entfernung von acht Kilometern – zwei Stunden – kommt man auf eine Gesamtzeit von vier Stunden.

Solche Angaben sind natürlich relativ, weil die Berechnung die Kondition der Berggeher nicht berücksichtigt. Aber auf kürzeren Strecken sind die meisten Menschen schneller, als die DIN 33466 glaubt. Und das ist ein Problem, weil auf längeren Strecken die meisten Menschen langsamer sind.

„Da geht jemand auf den Berg, sieht zwei Stunden angeschrieben und ist dann nach eineinhalb Stunden da. Der sagt sich: ,Wow, ich hab eine super Kondition‘“, sagt Kapelari. Man neigt also zur Selbstüberschätzung und glaubt, dass man auch eine Angabe von acht Stunden in sechs Stunden schafft. Nur reicht die Kondition dafür nicht. „Wenn beim Karnischen Höhenweg zehn Stunden angeschrieben sind, dann gibt es manche, die auch nach 13 Stunden noch nicht daherkommen, weil ihnen die Batterie ausgeht.“

Deshalb sieht man nach dem Start im Tal auf Wegweisern im Gebirge nur noch selten Gehzeiten. Wenn nämlich unten im Tal fünf Stunden angeschrieben sind und die Menschen nach etwas über einer Stunde auf ein Hinweisschild mit einer verbliebenen Gehzeit von drei Stunden stoßen, dann kommt es zur Fehleinschätzung und man nimmt vielleicht einen anderen, längeren Weg. Und irrt dann in der Dunkelheit herum oder hat einfach keine Kraft mehr und muss die Bergrettung rufen.

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