Tennis

Leben und Spielen in der Blase

Maske und Sicherheitsabstand: Der Schotte Andy Murray macht in New York Erfahrungen mit den neuen Regeln der Tennisszene.
Maske und Sicherheitsabstand: Der Schotte Andy Murray macht in New York Erfahrungen mit den neuen Regeln der Tennisszene.USA TODAY Sports
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Als eine der letzten Weltsportarten wagt Tennis den ersehnten Neustart. Wie der Alltag der Stars bei den US Open in New York aussieht, warum ein Trip nach Manhattan tabu ist.

Dort, wo sich sich sonst täglich Zigtausende Menschen tummeln, ist es derzeit vergleichsweise gespenstisch ruhig. Der Flushing Meadows Corona Park, so heißt der Park im New Yorker Stadtteil Queens, in dem alljährlich die US Open in Szene gehen, könnte für 2020 keinen passenderen Namen haben. Die Pandemie und ihre Folgen sind unübersehbar, aber, und das wurde lange Zeit nicht für möglich gehalten: Es wird tatsächlich Tennis gespielt.

Wochenlang hatte der amerikanische Tennisverband (Usta) um die Austragung des Grand-Slam-Turniers gekämpft, während die Fallzahlen in den USA zugleich dramatisch hoch waren. Ein ausgeklügeltes Sicherheits- und Hygienekonzept, wie in den Basketball- und Eishockeyprofiligen NBA und NHL vorexerziert, machen eine Durchführung der US Open jedoch möglich. Auch in New York wurde eine Blase, eine sogenannte Bubble, geschaffen. Bis zu vier Wochen leben die Tennisprofis nun wie nie zuvor.

In zwei Hotels sind Spieler und Betreuer (maximal vier) untergebracht. Mit ein paar wenigen Ausnahmen. Novak Djoković hat die Option gezogen, sich ein Haus zu mieten. Für die Security–Personalkosten (Hotel bzw. Haus dürfen nur verlassen werden, um auf die Anlage zu fahren, die Kontrollen sind streng) muss Djoković in diesem Fall selbst aufkommen. 50.000 Dollar soll das den Serben dem Vernehmen nach kosten, wie die „Presse“ aus ATP-Kreisen erfahren hat. Den finanziellen Mehraufwand soll er als Ungerechtigkeit empfunden haben, leisten kann sich der Weltranglistenerste den Dienst bei einem Karrierepreisgeld von 143 Millionen Dollar jedoch allemal. Wie Djoković wohnt auch Serena Williams privat, Dominic Thiem im Hotel.

Die Profis erleben die US Open dieses Jahr von einer völlig anderen Seite. Um ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, ist der Entertainment-Faktor hoch. Im Hotel erfreut sich der Golf-Simulator enormer Beliebtheit (der US-Amerikaner Jack Sock zählt zu den geschicktesten Herren), im Gaming Room werden ganze Abende mit Stunden an der Spielkonsole bei Fifa und Formel 1 verbracht. Auch das Freiluftkino im Garten des Hotels ist Anziehungspunkt, Abstandsregeln und Maskenpflicht müssen aber stets eingehalten werden. Die Maske darf nur abnehmen, wer sich allein in seinem Hotelzimmer befindet. Coronatests werden alle vier Tage durchgeführt, ein positives Ergebnis würde zum sofortigen Turnierausschluss führen. Genauso wie ein Ausflug ins beliebte Manhattan. Die Bubble ist räumlich streng limitiert, sie umfasst nur Hotel und Anlage.

Nur du und dein Gegner. Um einen Lagerkoller zu verhindern, wird auch im Flushing Meadows Corona Park dieses Jahr längst nicht nur Tennis gespielt. Minigolf, Fußballgolf, Basketball – das Unterhaltungsprogramm ist vielfältig. „Die Veranstalter haben alles unternommen, um uns etwas zu bieten. Sonst fällt dir irgendwann zwischen Hotelzimmer und Tennisplatz die Decke auf den Kopf. So viele gute Netflix-Serien gibt es nicht“, sagt Doppel-Spezialist Jürgen Melzer zur „Presse am Sonntag“. Der Routinier ist froh, wieder ein Stück weit Normalität zu erleben. „Es ist schön, wieder seinem Beruf nachgehen zu können. Wir waren ja praktisch sechs Monate arbeitslos.“

Das Spiel ist immer noch dasselbe geblieben, das Rundherum allerdings hat sich entscheidend verändert. Es ist nun Tennis in Reinkultur, ohne äußere Einflüsse. Anstatt bis zu 23.000 Menschen wie im Arthur Ashe Stadium werden bei den morgen, Montag, beginnenden US Open nur ein paar wenige Betreuer und gelegentlich einige Spielerkollegen sitzen. „Es werden also nicht Tausende Menschen, sondern nur dein Trainer klatschen“, weiß Melzer. Das sei eine mentale Herausforderung, eine Frage der Einstellung. Wie diese spezielle Situation am besten bewältigbar ist, machte etwa Andy Murray vor. Der Schotte hatte sich bei seinen Matches im Rahmen des Vorbereitungsturniers in New York immer wieder lautstark selbst motiviert, auch geärgert und regelmäßig den Blickkontakt mit seinen Betreuern gesucht. So, als wäre alles wie immer.

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