„Gironcoli-Kristall“ im Strabag-Kunstforum, Wien.
Augenblicke

Kompromissloser Kosmos der Opulenz

Ein scheuer, fast autistischer Außenseiter der Kunstszene beeindruckt mit monströsen, mystischen Objekten. Die rätselhaften Riesenskulpturen des Bildhauers Bruno Gironcoli faszinieren, können aber auch verstören.

Die Transportkosten sind enorm. Jede Schaustellung der riesigen Objekte des Bruno Gironcoli ist eine logistische Herausforderung: Bei der Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst müssen 1997 die tonnenschweren Exponate – zerlegt in Einzelteile, damit kein Detail gebrochen wird – zwei Wochen lang nachts auf Tiefladern vom weiträumigen Prater-Atelier des Künstlers ins MAK transportiert werden. Und für eine Ausstellung in Budapest muss ein Teil der Mauern ausgebrochen werden, um überhaupt eine Gironcoli-Skulptur ins Museum bringen zu können.

Riesenspielzeuge nennt der Kunsthistoriker Werner Hofmann die symbolhaften Objekte, die meist keinen Titel tragen. Die Gigantomanie der viele Meter hohen Skulpturen führt beim Betrachten an den Rand des Unbewussten. Schon Sigmund Freud identifiziert den Abgrund menschlicher Existenz als psychischen Apparat und Bruno Gironcoli findet in seinen „Prototypen einer neuen Spezies“ Anregungen bei Freud. Und auch in Samuel Becketts erstem Roman „Murphy“ über einen schweigsamen Sonderling, der seine Tage gern damit verbringt, sich selbst nackt an einen Schaukelstuhl zu fesseln, diesen in Schwung zu bringen und dann regungslos darin zu verharren, bis der schwingende Sessel und er zur völligen Ruhe gelangen.

Bruno Gironcoli.
Bruno Gironcoli.Barbara Pflaum / Imagno / pictur



Es sind monströse, rätselhafte Geschöpfe, die der Kärntner Bildhauer und Zeichner Gironcoli mit seiner ganz eigenen Formensprache produziert. Als einer der bedeutendsten Vertreter der bildenden Kunst in Österreich schafft er einen nicht leicht zugänglichen, kompromisslosen Kosmos voller Symbolik – der fasziniert, aber auch verstören kann.
Mit immer wiederkehrenden Themen wie Geburt und Gewalt, Eros, Einsamkeit und Religion, die Suche nach Glück, die Rivalität zwischen Mann und Frau, Sex, das Scheitern und der Tod. Das Werden und das Vergehen, Genuss und Reue dominieren als Symbolik, als Spektakel, im kryptischen Werk Gironcolis.

Die gigantischen Skulpturen, die von Pflöcken arretiert sind, laden Betrachter zur Reise in eine Fantasiewelt ein. Seit den späten 1970er-Jahren baut Gironcoli, von Holzkonstruktionen gestützt, aus Blechen und Rohren seine Monster-Geschöpfe. Die Außenhäute glänzen in Silber, Bronze oder mattem Gold.

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