Machtkampf

Weißrussland: Erneut protestieren Tausende gegen Lukaschenko

In Minsk halten die Proteste gegen Staatschef Lukaschenko an
In Minsk halten die Proteste gegen Staatschef Lukaschenko animago images/ITAR-TASS
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Zu Tausenden bewegen sich in Minsk Menschen ins Stadtzentrum zu einer neuen großen Sonntagsdemonstration gegen den umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko.

Trotz eines Demonstrationsverbots und Gewaltandrohungen der Polizei marschierten am Sonntag Menschengruppen aus verschiedenen Richtungen der Hauptstadt von Belarus (Weißrussland). Ihr Ziel, der Unabhängigkeitsplatz, war mit Metallgittern gesperrt und von Hundertschaften der Polizei umstellt. Die Polizei rückte mit Gefangenentransportern an und nahm Menschen fest. Auf Videos im Nachrichtenkanal Telegram war zu sehen, wie Sicherheitskräfte auch Frauen unter großem Geschrei abführten. Zudem liefen Uniformierte auf friedliche Menschen zu und trugen oder zerrten sie in die Polizei-Transporter. Die Zahl der Festnahmen war zunächst unklar. Mehrere U-Bahn-Stationen in Minsk wurden geschlossen.

"Wir protestieren trotzdem an einzelnen Stellen der Stadt", sagte die 33-jährige Maria in einer Frauengruppe. Sie hatte mit ihren Mitstreiterinnen zuvor Kürbisse über die Brüstungen auf den Platz geworfen. "Der Diktator hat heute Geburtstag, das ist unser Geschenk - Kürbisse - in diesem Fall ein Zeichen der Missachtung", sagte sie. Demonstranten skandierten auf der Hauptstraße Unabhängigkeitsprospekt "Posor!" (Schande!), als die Sonderpolizei friedliche Bürger unter lautem Geschrei festnahm.

Das Innenministerium warnte die Bürger davor, an der ungenehmigten Kundgebung teilzunehmen - und drohte mit Gewalt. Viele sagten, dass sie friedlich seien und keine Angst hätten. Die Demokratiebewegung hatte zum Protest aufgerufen. An seinem 66. Geburtstag solle Lukaschenko sehen, dass das Volk gegen ihn und dass seine Zeit an der Macht nach 26 Jahren abgelaufen sei, hieß es. Die Kundgebung samt Protestmarsch stand unter dem Motto "Für Frieden und Unabhängigkeit".

An den beiden vergangenen Sonntagen waren im Land Hunderttausende zu Protesten gegen "Europas letzten Diktator", wie sie Lukaschenko nennen, auf den Straßen gewesen. Die Polizei war nicht eingeschritten. Nach den Festnahmen und der Auflösung von Protesten der vergangenen Tage aber wurde erwartet, dass der Machtapparat eine neue Massendemonstration nicht zulässt. Außerdem hatte der russische Präsident Wladimir Putin Lukaschenko ausdrücklich auch Unterstützung durch russische Sicherheitskräfte in Aussicht gestellt. Das sollte die Protestbewegung einschüchtern.

(APA/dpa)

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