Im Gegensatz zur Mutter ist die Wirecard-Bank nicht pleite. Die deutsche Finanzaufsicht nimmt nun dennoch die dortigen Manager ins Visier.
Aschheim. Die deutsche Finanzaufsicht (Bafin) nimmt nun auch das Führungspersonal der Wirecard Bank AG ins Visier. Das Unternehmen der insolventen Wirecard-Gruppe werde noch immer von belasteten Managern geführt, die zuvor jahrelang an führender Stelle am Aufbau der Muttergesellschaft, des Skandalkonzerns Wirecard, beteiligt gewesen seien, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“. Dabei hätten sie eng mit dem Führungsduo Markus Braun und Jan Marsalek zusammengearbeitet. Braun sitzt inzwischen in U-Haft, Marsalek ist auf der Flucht, der gesamte Wirecard-Vorstand wurde abgesetzt.
In der Wirecard-Bank aber regierten unverändert die Aufsichtsräte, die vorher jahrelang dem Treiben der Konzernspitze zugeschaut hätten, schreibt die „FAS“. Die Zeitung nannte etwa Stefan Klestil, Sohn des ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten Thomas Klestil, sowie Wulf Matthias, der über Jahre Brauns Vertrauter als Aufsichtsratschef von Wirecard gewesen sei.
Aufsichtsräte abberufen?
Mittlerweile laufe bereits eine Prüfung der Bafin, ob die Manager fachlich und charakterlich zur Kontrolle eines Kreditinstituts geeignet seien, heißt es in dem Bericht. Die Bafin könne auf dieser Grundlage die Aufsichtsräte der Wirecard-Bank abberufen.
Die „FAS“ hebt in ihrem Bericht hervor, dass die Bafin bisher stets betont habe, dass sie den Skandal beim Finanzdienstleister nicht früher habe aufdecken können, da sie nur für die Wirecard-Bank zuständig gewesen sei, nicht aber für den Gesamtkonzern. Die Bank als rechtlich eigenständige Einheit, ausgestattet mit einer formellen Banklizenz, ist anders als die Mutter nicht insolvent.
Indes haben deutsche Oppositionspolitiker im Wirecard-Skandal der deutschen Bundesregierung eine mangelnde Aufarbeitung vorgeworfen und nehmen dabei auch das Kanzleramt ins Visier. Der Linke-Obmann im Finanzausschuss, Fabio De Masi, sagte der DPA: „Die Bundesregierung handelt immer noch nach einer Salamitaktik und legt entscheidende regierungsinterne Dokumente nicht vor.“
Ein Untersuchungsausschuss werde immer dringlicher. Die Grünen-Obfrau Lisa Paus kritisierte, bisher habe sich die Bundesregierung immer wieder um die entscheidenden Fragen gewunden. „Es ist verständlich, dass der Unmut bei den vielen geschädigten Anlegern und der Öffentlichkeit so wächst.“ FDP-Obmann Florian Toncar sagte, es sei rätselhaft, warum die Finanzaufsicht Bafin und die FIU, die Anti-Geldwäsche-Einheit des Bundes, Wirecard nicht viel früher und schärfer geprüft hätten. „Unerklärlich ist es bisher auch, warum die bayerischen Behörden ebenfalls vollkommen im Dunkeln tappten“, sagte Toncar der dpa. Wirecard hat seinen Sitz in Aschheim bei München. Auch die FDP ist für einen Untersuchungsausschuss, die Grünen wollen die erneuten Sondersitzungen des Finanzausschusses am Montag und Dienstag abwarten. Zentrale Fragen bei der politischen Aufarbeitung sind, wann genau die Bundesregierung von Unregelmäßigkeiten wusste und ob sie zu wenig dagegen unternommen hat. (APA/AFP/DPA)