Interview

Coronavirus: "Zu viel Vorsorge ängstigt"

„Sars-CoV-2 wird nicht das letzte Virus sein – es gibt keinen Grund, daran zu verzweifeln“, sagt Ulrike Schmidt.
„Sars-CoV-2 wird nicht das letzte Virus sein – es gibt keinen Grund, daran zu verzweifeln“, sagt Ulrike Schmidt.(c) Reuters
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Auf die „Welle an Infektionen“ mit Sars-CoV-2 folgt jetzt eine „Welle an psychischen Belastungen“, sagt Ulrike Schmidt, Vize-Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uni Bonn. Mehr Tests helfen da nicht.

Die Presse: Sie sagten Anfang März: „Die erste Welle ist die Welle der Infektionen. Danach kommt die Welle von Menschen, die aufgrund der Pandemie psychische Belastungen und Traumata erlitten haben.“ Wen meinten Sie damit?

Ulrike Schmidt:
Ich dachte an Menschen, die durch die Covid-19-Krise ihre wirtschaftliche Existenz verlieren. Der Verlust von Arbeit, Versicherung und Einkommen führt zu Stress und Sorgen. Hält dieser Status länger an, kann daraus eine Angststörung oder Depression werden. Ich dachte an Menschen mit psychischen Erkrankungen, die sich durch einen Jobverlust verstärken können. Und an Menschen, die Angehörige verloren haben, teils unter dramatischen Zuständen auf Intensivstationen - wie es in Bergamo geschehen ist. Das kann traumatisch sein…

... und in die Isolation führen?

Exakt. Die Leute wissen, dass sie gerade etwas Schlimmes durchmachen. Stirbt der Partner, das Kind, die Eltern, ist das immer ein Schock. Man zieht sich zurück, leidet allein. Irgendwann begreifen die meisten, dass sie Hilfe brauchen. Covid-19 hat das geändert: Viel weniger gingen zum Arzt oder Therapeuten, aus Angst, sich zu infizieren.

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