Coronavirus

272 Neuinfektionen: Experte rechnet mit "schwierigem" Herbst

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++ THEMENBILD ++ CORONAVIRUS / SCHUTZMASKEN / MNS-TRAGEPFLICHT / MASKENPFLICHTAPA/HERBERT NEUBAUER
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"Die Tests dauern zu lange“, kritisiert der Simulationsexperte Niki Popper. In der dritten September-Woche könnte es zu einem merklichen Anstieg der Fälle kommen.

Einen leichten Anstieg hat es in Österreich wieder bei den Coronavirus-Neuinfektionen gegeben. In den vergangenen 24 Stunden wurden 272 Menschen auf Covid-19 positiv getestet. Am Sonntag waren es noch 181 Neuinfektionen, tags zuvor sogar 395 Fälle. Derzeit sind 3479 Menschen in Österreich mit Sars-CoV-2 angesteckt, berichtete das Innenministerium am Montag.

Seit Ausbruch der Pandemie wurden in Österreich 27.438 positive Testergebnisse registriert. Mit Stand Montag (9.30 Uhr) sind 733 Menschen mit oder an den Folgen von Covid-19 verstorben, 23.226 wieder genesen. Derzeit befinden sich 154 Covid-19-Patienten Krankenhaus, 31 davon liegen auf der Intensivstation.

Die meisten Neuinfektionen gab es erneut in Wien mit 167 Fällen, gefolgt von Niederösterreich mit 32 sowie Oberösterreich und Tirol mit je 22 Fällen. In der Steiermark wurden zwölf Fälle registriert, in Salzburg zehn Fälle, im Burgenland drei und in Kärnten und Vorarlberg je zwei.

Die Altersstruktur der Infizierten verschiebt sich immer mehr in Richtung 15- bis 30-Jährige. Für Mitte August fielen rund die Hälfte der Neuinfektionen in diese Altersgruppe. Am Beginn der Epidemie lag der Schwerpunkt auf den 45- bis 60-Jährigen und 60- bis 75-Jährigen.

Experte: „Potenziell schwieriger“ Herbst

Das ist einer der Gründe, warum Simulationsforscher Niki Popper von der von der Technischen Uni (TU) Wien mit einer "potenziell schwierigen Ausbreitungssituation" im Herbst rechnet. Die aktuelle "Dynamik bei den Jungen" könne zeitversetzt auch dazu führen, dass die älteren Risikogruppen wieder stärker mit dem Virus konfrontiert sind, sagt er.

Spätestens dann schlage sich die Entwicklung auch wieder in einer Vervielfachung an Personen nieder, die eine Spitals- oder Intensivbehandlung brauchen, sagte Popper. Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Monate sieht Popper keine problematischen Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, speziell die Hospitalisierungen zukommen, "weil die Therapie viel effizienter ist als im Frühling".

Kritisch sei aber die Ausbreitung zu sehen: "Der Druck ist schon höher als er damals war. Das liegt unter anderem daran, dass wir diesmal nicht bei null oder zwei Fällen anfangen, sondern jetzt weit verbreitet viele Herde haben und wahrscheinlich auch eine höhere Dunkelziffer", sagte Popper. Dass die Fallzahl momentan nicht stark steigt, liege den Modellen folgend vermutlich an der Struktur der Cluster, dem "Gegendruck", den die Maßnahmen noch ausüben und einem derzeit ausreichenden Isolieren positiver Fälle.

Wenn im Herbst nun wieder verstärkt Indoor-Aktivitäten mit größeren Menschenmengen anfahren und zeitversetzt mit den fallenden Temperaturen der Wintertourismus und die Grippesaison einsetzen, würden sich die Ausbreitung ändern und die gesetzten Maßnahmen nicht mehr so gut wirken.

„Tests dauern zu lange"

Bei der Test- und Nachverfolgungsstrategie (TTI-Strategie) ortet Popper Nachholbedarf - vor allem im Hinblick auf potenziell steigende Fallzahlen im Herbst. "Die Tests dauern zu lange, es ist nach wie vor oft unklar, wer warum getestet wird, und das Nachverfolgen der Kontakte dürfte laut den zur Verfügung stehenden Zahlen sehr unterschiedlich in den Bundesländern sein", so Popper, der hier aktuell "viele Mini-Epidemien" sieht, "die wir eigentlich auch im Griff haben könnten". Die Instrumente dazu seien da, lediglich das Zusammenspiel "funktioniert halt nicht ausreichend".

Popper verweist auf eine durchaus positive Eigenschaft des Sars-CoV-2-Virus, der laut den Berechnungen stark über "Superspreader" verteilt wird. Holt man die Superspreader aus den Kontaktnetzwerken kann man so die Ausbreitung sehr viel besser kontrollieren als bei anderen Erkrankungen, betonte der Forscher.

„Dann sagen alle, Schulen sind schuld"

In den neuen Modellrechnungen von Popper kommt es unter sich verschlechternden Voraussetzungen um die dritte September-Woche zu einem merklichen Anstieg. Popper: "Dann sagen alle, die Schulen sind schuld", obwohl die Gründe vielschichtiger seien. Eine richtige zweite Welle erwartet der Forscher zwar nicht, aber ein "Dahinmäandern", das ab einem gewissen Zeitpunkt in den Modellen auch wieder schnell ansteigt. "Der Anstieg hängt in den Simulationen direkt vom Wechselspiel gesetzter Maßnahmen zur Kontaktreduktion, Abstand und Hygiene sowie der TTI Strategie ab. Wenn sich durch die Entwicklung ein Faktor erhöht, muss man an den anderen arbeiten", so der Experte.

Im Bereich der Schulen gelte es etwa das Durchmischen von Klassen zu vermeiden, im Wintertourismus brauche es geschickte Konzepte zur Besuchersteuerung und kein Indoor-Apres-Ski. "Am Ende ist aber das Screening und eine effektive Strategie zur Unterbrechung der Ausbreitungsnetzwerke das Entscheidende."

(APA)

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