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Reiserevolution 2020

Veränderung. Die Flut an Kreuzfahrtpassagieren, die sich über Ziele wie Dubrovnik ergoss, wurde zunehmend zum Problem. Kommt ein Umdenken für die Zeit post coronam?
Veränderung. Die Flut an Kreuzfahrtpassagieren, die sich über Ziele wie Dubrovnik ergoss, wurde zunehmend zum Problem. Kommt ein Umdenken für die Zeit post coronam?(c) REUTERS (ANTONIO BRONIC)
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Der gesamte Massentourismus muss umdenken. Geht eh nicht anders.

Vor Jahren wollte ich in Willemstad, Curaçao, Salz für meine Spaghetti kaufen. Ich irrte herum. Kein Geschäft führte Salz. Die ökonomischen Aktivitäten waren auf Kreuzfahrtgäste abgestimmt, die sich als Menschenstrom stadtwärts ergossen und garantiert nie Nudeln kochten. Anhand des Salzmangels wurden mir die desaströsen Auswirkungen ihrer Reiseform schmerzhaft bewusst – letztlich jener des Massentourismus. Die Pandemie durchschnitt die Nabelschnur zwischen Wirt und Schmarotzer. Schlimm für die Kreuzfahrt – Schlagzeilen machte im Februar die Diamond Princess, stecken geblieben in Yokohama. 3711 Leute standen in den Kabinen unter Quarantäne, 712 positiv, 14 Todesfälle. 30 solcher Schiffe verzeichneten Covidfälle, mehr als 100.000 Crewmitglieder blieben über Wochen eingeschlossen. In seinem exakt recherchierten Essay „The end of tourism?“ fasst Christopher de Bellaigue in „The Guardian“ die von Megaschiffen verursachten Schäden zusammen. Er fragt, wieso niemand den Reedereien Steuern für die Benützung jener Orte verrechnet, die ihr Geschäftsmodell erst ermöglichen – sondern man vielmehr denen, die Luft und Meer versauen und unter Gefälligkeitsflaggen ihrer Besatzung Billiglöhne zahlen, auch noch mit Steuern entgegenkommt.

Ähnliche ungesunde Geschäftsmodelle charakterisierten die meisten gruppentouristischen Aktivitäten. 2020 war uns ein Blick auf eine tourismusfreie Welt vergönnt – die Einnahmen könnten allerdings um 80 Prozent sinken, Millionen ihren Job verlieren. Gefahr für die Weltwirtschaft, aber auch Chance, destruktive Zyklen zu brechen: dafür braucht es Gesetze, die globale High-Impact-Low-Value-Profitmaximierer einschränken und lokale, nachhaltige Projekte fördern. Wasser soll etwa den Gemeinden zugutekommen, nicht dem Golfplatz. Landwirtschaftliche Betriebe sollen ihr Land nicht mehr so leicht an Hotelketten verkaufen können. Regionales Reisewesen, das wenig Schaden anrichtet, soll statt der Multis gefördert werden. Nur ein schöner Traum? Leider gibt es keinen anderen Weg. Wir alle benötigen Salz im Spaghettiwasser.

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