Medienkontrolle

Erneut Chefredakteur in Ungarn gekündigt

Dass die Wochenzeitung "168 óra“ ein (offizielles) Foto der Familie von Viktor Orbán zeigte, wird als Grund für die Kündigung angegeben.

In Ungarn ist erneut der Chefredakteur eines regierungskritischen Mediums gekündigt worden. Péter Rózsa von der Wochenzeitung "168 óra" (168 Stunden) musste nach offizieller Begründung gehen, weil in der aktuellen Ausgabe des Blattes ein Foto vom "minderjährigen Kind" des Ministerpräsidenten Viktor Orbán erschienen war, berichtete das Portal "Media1" am Mittwoch.

Bei dem Bild handelte es sich um ein älteres offizielles Familienfoto der siebenköpfigen Familie Orbán, das der Ministerpräsident einmal im Advent online veröffentlicht hatte. Auf dem Bild ist das heute 16-jährige Nesthäkchen der Familie, Flóra, noch im Volksschulalter zu sehen. Die Wochenzeitung hatte in der am heutigen Mittwoch ausgelieferten Blattnummer das Familienfoto als Kontrapunkt zu ihrer Kritik an der Sozialpolitik der Regierung verwendet.

Bei der seit 31 Jahren existierenden, traditionell als prononciert linksliberal geltenden Zeitung hatten sich in jüngerer Zeit bereits deutliche Veränderungen abgezeichnet. Der Unternehmer Pál Milkovics, der den erst seit einem Jahr amtierenden Chefredakteur Rózsa nun mit sofortiger Wirkung gekündigt hatte, war erst im Juli in den Mutterkonzern Brit Media als Teilhaber und Generaldirektor eingestiegen. Milkovics hatte damals betont, er wolle, dass "168 óra" inhaltlich "in die Mitte" rücke und es "nicht mehr nur die Linken lesen". Brit Media selbst ist wiederum mit dem als regierungsnah geltenden jüdisch-orthodoxen Rabbiner Slomó Köves verbunden.

Ähnlicher Fall wie im Juli?

Die Entlassung erinnert an den Hinauswurf von Szabolcs Dull, Chefredakteur von "Index", Ungarns bis dahin größtem Nachrichtenportal, im Juli. Daraufhin hatte die gesamte 90-köpfige Redaktion das Unternehmen verlassen, was auch international für großes Aufsehen sorgte. Tausende Menschen hatten an einer Solidaritätsdemonstration für "Index" teilgenommen.

Kritiker werfen der rechtsnationalen Regierung Orbán seit Jahren wachsenden Druck auf die kritische Presse und das systematische "Umpolen" von Medienunternehmen auf Regierungslinie vor. Die Regierung weist die Vorwürfe zurück und spricht von den "Entscheidungen privater Unternehmer" und "Veränderungen des Marktes".

(APA)

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