Corona-Ampel

"Gelbe" Städte: Linz verweigert Verschärfungen, Wien wartet ab

Linzer Hauptplatz
Linzer Hauptplatz(c) Clemens Fabry
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Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer ortet einen "klassischen Fehlstart bei der Corona-Ampel". Wien kritisiert mangelnde Transparenz.
 
 
 
 

Höchst verärgert zeigt sich die oberösterreichische Politik, nachdem Linz auf der neuen Corona-Ampel auf "Gelb" geschaltet wurde. "Wir werden aufgrund dieses obskuren Ampelkonstrukts keine wie immer gearteten Verschärfungen durchführen", kündigte der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) am Freitag an. Für ihn ist die "Farbgebung absolut nicht nachvollziehbar und steht in keiner Relation zur Realität in der Stadt". Er sieht ein "sehr willkürliches Instrument" und einen "veritablen Fehlstart" der Ampel, salopp gesagt einen "Murks". Der Bürgermeister forderte die Bundesregierung auf, die Ampel "aus dem Verkehr zu ziehen".

Auch der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sieht einen "klassischen Fehlstart bei der Corona-Ampel". Die Gelbschaltung für Linz sei "unverständlich und auf Basis objektiver Zahlen nicht nachvollziehbar". Es werde daher keine Empfehlung des Landes für Verschärfungen in Linz geben. "Ich habe stets die Einführung der Corona-Ampel befürwortet, damit österreichweit ein einheitliches Vorgehen möglich wird", so Stelzer in einer Aussendung. "Aber wenn die Politik und Verwaltung Maßnahmen setzen, müssen sie sich immer die Frage stellen, ob diese Maßnahmen für die Menschen nachvollziehbar und verständlich sind. In diesem Fall und bei dieser Entwicklung in Linz ist das eindeutig zu verneinen."

Seit der ersten Probeschaltung der Corona-Ampel hätten sich die Zahlen in ganz Oberösterreich verbessert, auch in der Landeshauptstadt, argumentierte der Landeshauptmann - und er betonte: Man habe die Lage jedenfalls in ganz Oberösterreich im Griff. Beim Vergleich mit anderen Bezirken ortet Stelzer Ungleichbehandlung: Während etwa Wiener Neustadt mit einem Sieben-Tage-Index bei Neuinfektionen von 43,6 oder Eisenstadt-Umgebung (34,7) auf "grün" geschaltet wurden, sei Linz mit 20,42 (Stand 3. September) "gelb". Auch sei der Anteil der geklärten Corona-Fälle in Linz (62 Prozent) höher als in Wiener Neustadt (58 Prozent) und Eisenstadt-Umgebung (18 Prozent).

Stelzer kritisierte das Gesundheitsministerium für dessen Vorgehensweise: "Die Farben der Ampel kennen wir, für verpflichtende Konsequenzen aus einer Schaltung fehlen die rechtlichen Grundlagen." Das Ministerium schiebe die Verantwortung auf die Bundesländer und Bezirke ab. Die vom Bund angekündigte Verschärfung der Maskenpflicht sieht er ebenfalls kritisch: "Nach unserer Rechtsauffassung kann der Bund nur eine bundesweite Maskenpflicht verordnen und nicht für einzelne Bezirke, ebenso wenig kann das Land für einen einzelnen Bezirk eine Maskenpflicht verordnen", so Stelzer.

Wien wartet ab

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kritisierte am Freitag mangelnde Transparenz. "Die Kriterien für die Ampel-Stellung müssen nachvollziehbar sein", forderte der Stadtchef in einer Aussendung. Die Bundeshauptstadt will nun einmal auf den rechtlichen Rahmen des Bundes warten.

Was die Entscheidung für die Farbgebung anbelangt, sei "nach wie vor nicht ganz klar, wie die Veränderungen der Ampel zustande kommen und welche konkreten Auswirkungen sie nach sich ziehen", so Ludwig. Wien sei bereit, konstruktiv bei der Corona-Ampel mitzuarbeiten. Neben mehr Transparenz bei der Entscheidung brauche es jedenfalls auch einen rechtlichen Rahmen für die Folgemaßnahmen - also Beschlüsse im Nationalrat sowie "Verordnungen, die dann auch halten". "Es kann nicht sein, dass Entscheidungen ohne rechtliche Basis gefasst werden", mahnte der Bürgermeister. Wien werde abwarten, was der Bund konkret vorlegen wird. Er wies aber gleichzeitig darauf hin, dass Wien schon jetzt strengere Maßnahmen im Bereich des Mund-Nasen-Schutzes umsetze. So sei die Maskenpflicht in Amtsgebäuden nie aufgehoben worden, ebenso wie Zutrittsbeschränkungen und Corona-Checks beim Betreten von Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern oder Pflegeheimen.

Die FPÖ wünschte sich indes, Wien möge sich ein Beispiel an Linz nehmen. Wie der dortige Bürgermeister solle auch Ludwig die vorgesehenen Verschärfungen verweigern. "Linz macht es vor, Wien muss sofort nachziehen. Kurz, Anschober und Co. behandeln die Bevölkerung wie im Kindergarten, mit Babyelefanten und Ampeln", ärgerte sich Vizebürgermeister Dominik Nepp in einer Aussendung.

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Tirol für Differenzierungen innerhalb eines Bezirks

Das Land Tirol hat auf die gelbe Corona-Ampel im Bezirk Kufstein ebenfalls verhalten reagiert. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kündigte im Rahmen einer Pressekonferenz an, die bundesweite Verordnung abwarten zu wollen. Man werde sich an die derzeit empfohlenen verschärften Maßnahmen halten. Indes hielten die Landesvertreter eine Differenzierung innerhalb eines Bezirks für sinnvoll.

"Ich möchte nicht mit Kritik beginnen, schließlich stehen wir noch am Beginn der Corona-Ampelregelung", stellte Platter klar. Aufgrund topografischer Besonderheiten in Tirol halte er eine Differenzierung innerhalb eines Bezirks jedoch für nötig. "Das Alpbachtal ist ein gutes Beispiel: Die Ampel steht auch hier auf gelb, obwohl schon lange keine Infektionen mehr verzeichnet wurden", so der Landeschefs. Er wolle diese Überlegung bei einem Treffen mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Freitag "in Ruhe besprechen". Entsprechende Anmerkungen hätten die Landesvertreter auch bereits im Rahmen der Expertenkommission gemacht.

Grazer Bürgermeister „kaum verwundert"

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) zeigte sich über Gelb für seine Stadt "kaum verwundert. Es ist nicht überraschend, dass gerade Ballungszentren wie Wien und Graz von der Corona-Ampel des Bundes betroffen sind. Die Situation ist ernst zu nehmen und unser übergeordnetes Ziel ist es, rasch und dauerhaft den grünen Ampelstatus zu erreichen."

Man müsse wieder verstärkt etwas tun, sagte Nagl. Gründe für den Status Gelb nannte er auch: "Wir sind die jüngste Landeshauptstadt und junge Menschen suchen jetzt wieder verstärkt soziale Kontakte. Außerdem haben wir durch unsere südliche Lage auch verstärkten Kontakt mit Problemregionen im Ausland." Er stehe dazu, das Ampelsystem umzusetzen und alles zu tun, um einen weiteren Lock-down zu vermeiden. "Wir werden uns bemühen, schon bis nächsten Freitag eine grüne Ampel zu bekommen", sagte der Bürgermeister.

Nagl sagte, im Bildungsbereich werde es klare Vorschriften vom Bund geben. Da gebe es für die Stadt keinen Handlungsspielraum. In Gastronomie und Handel werden in der kommenden Woche verschärfte Verhaltensregeln aufgesetzt, die mit 11. September umgesetzt werden müssen. Ab Montag gilt in allen Ämtern der Stadt wieder eine Maskenpflicht bei Parteienverkehr. Termine sind nach wie vor nur bei vorheriger Online-Terminvereinbarung möglich.

(APA)

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