Einspruch

Der Hass von Muslimen auf Juden dauert länger als Corona

Eine Angst verdrängt im Nu die andere: Daran erinnern die Wiederveröffentlichung der Mohammed-Karikaturen und ein Prozess in Paris.

Islamismus, was war das noch einmal? Eine Zeit lang ohne Attentat, und schon verlagert sich die Massenangst, etwa auf Klimakatastrophen und Coronatode. Nun wird man wieder daran erinnert, durch einen seit Mittwoch unter speziellen, nämlich Coronabedingungen, laufenden Prozess in Paris – bei dem Glasscheiben und Maskenpflicht schon zu gehörigen Verständnisproblemen geführt haben. 14 mutmaßliche Helfer der Anschläge von Anfang 2015 stehen vor Gericht, tot sind die Attentäter: die Brüder Chérif und Saïd Kouachi, die am 7. Jänner im Redaktionsgebäude des Magazins „Charlie Hebdo“ elf Menschen ermordeten, sowie Amédy Coulibaly, der tags darauf auf der Straße einen Polizisten ermordete sowie vier Tage später in einem Supermarkt vier jüdische Kunden.

Zum Auftakt des Prozesses stellte „Charlie Hebdo“ am Mittwoch jene 2006 veröffentlichten Karikaturen, die verspätet zur Bluttat führten, auf die Titelseite. Und den bisherigen Reaktionen darauf folgend könnte man meinen, die Zeiten hätten sich geändert. In Pakistan gab es eine kleine Demonstration (natürlich mit üblicher Flaggenverbrennung), und die Al-Azhar-Universität in Kairo, eine sunnitische Autorität, erklärte die Wiederveröffentlichung zum „kriminellen Akt“. Sonst blieb es recht ruhig. Der Vorsitzende des offiziellen Rats der Muslime CFCM, Mohammed Moussaoui, rief sogar dazu auf, die Karikaturen zu ignorieren und der Attentatsopfer zu gedenken.

Freilich war es auch der Generaldelegierte eben dieser Organisation, Abdallah Zekri, der noch im Jänner Öl ins Feuer goss, als eine 16-jährige Schülerin ein blasphemisches Tweet über den Islam mit Todesgefahr bezahlten musste. Mila bekam massenhaft (Mord-)Drohungen, musste sich verstecken, konnte nicht mehr in die Schule gehen. Zekri rechtfertigte die Drohungen damals mit einem Bibelwort: „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“ – Mila bekomme nur, was sie gesucht habe. Das war im Jänner 2020, nicht so lang her; Corona hat eben einiges zugeschüttet.
Nur wenige Tage hingegen ist es her, dass das Simon Wiesenthal Center Frankreich dazu aufrief, wieder Armeekräfte zum Schutz jüdischer Institutionen und Viertel bereitzustellen. Nach den Anschlägen von 2015 hatte es diese Hilfe gegeben, inzwischen wurde sie still wieder gestrichen.

Die antisemitisch motivierten Attacken zeigen seit Jahren, an Frankreich nur stärker als anderswo: Nichts gefährdet europäische Juden heute so sehr wie der muslimische Antisemitismus – während „klassische“ Rechtsextreme heute in den Muslimen das lohnendere Feindbild haben. Die jüngste Attacke auf den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde in Graz sollte endlich auch Österreich aufrütteln. Um gegenzusteuern – vor allem, wo es am wichtigsten ist, in den Schulen –, wird eine Überarbeitung des Verbotsgesetzes nicht reichen. Zumal uns das Problem noch beschäftigen wird, wenn Corona längst eine ferne Erinnerung ist.

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