Wien: Rechnungshof knöpft sich "Justiz-City" vor

Rechnungshof knoepft sich JustizCity
(c) FABRY Clemens
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Der Rechnungshof setzt das Projekt ganz oben auf die Prüfungsliste. Die Konzentration des Finanzministeriums, fast aller Wiener Finanzämter und verschiedener Gerichte in Wien Landstraße fand unter Ex-Finanzminister Grasser statt.

Wien. „Wer in Wien hoch hinaus will, muss Politik und Bürger überzeugen.“ Mit dieser kühnen Behauptung bewirbt die Baugesellschaft Porr auf ihrer Website den vor ihr errichteten und 2003 an die Immofinanz verkauften „City Tower Vienna“ als ersten Schritt für die Neugestaltung des Areals rund um den Bahnhof Wien Mitte in Wien-Landstraße. Mit dem benachbarten Finanzministerium und dem gegenüberliegenden Turm, in den fast alle Wiener Finanzämter einziehen sollen, werden die im „City Tower“ untergebrachten Behörden die „Justiz-City“ bilden.

Die Bürger dürften angesichts der heftigen Diskussionen und mehrmaligen Umplanungen nicht eindeutig überzeugt worden sein, übrigens auch nicht die Unesco, die bekanntlich die Höhe der Türme kritisiert hat. Die Politik war jedoch sehr angetan: Die Konzentration der Finanzbehörden im dritten Bezirk wurde allesamt unter Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser entschieden.

Das Megavorhaben kam nicht so sehr wegen schlechter Arbeitsbedingungen oder der Architektur in die Kritik: Die „Begleitumstände“ verursachten eine sehr schiefe Optik: hohe Provisionen an Grasser-Vertraute, politischer Rückenwind für die Porr, Schädigung der Republik, weil der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) Mieteinnahmen entzogen würden.

Geschäfte mit Bundesgebäuden

Seit Grasser im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog) unter Beschuss steht – gegen ihn und andere ermittelt die Staatsanwaltschaft, es gilt die Unschuldsvermutung –, rücken auch andere Geschäfte mit Bundesimmobilien in den Mittelpunkt des Interesses. Der Rechnungshof (RH) knöpft sich deshalb den Komplex „Justiz-City“ vor. „Wir haben das Projekt ganz oben auf die Prüfungsliste für 2011 gesetzt“, sagt RH-Präsident Josef Moser zur „Presse“.

Der Hintergrund reicht weit zurück: Im Jahr 2000 standen die Generalsanierung und die damit verbundene vorübergehende Absiedlung des Finanzministeriums in der Wiener Innenstadt (Palais Himmelpfortgasse, Gebäude Kärntner Straße und Johannesgasse) an. Dazu schlug eine Arbeitsgruppe im Finanzressort eine Interimslösung im (ehemaligen) Finanzamt und Handelsgericht in der Riemergasse vor.

Parallel dazu verfasst die Porr eine Machbarkeitsstudie und plädierte für einen Neubau in Wien Mitte. Obwohl viele Argumente gegen den Neubau sprachen, wurde der Plan des Ausweichquartiers fallen gelassen. Das Finanzressort übersiedelte vielmehr in das adaptierte Gebäude in der Hinteren Zollamtsstraße. Der Gebäudekomplex Kärntner Straße wurde um kolportierte 50 Mio. Euro an die Bundesimmobiliengesellschaft BIG verkauft. Im Aufsichtsrat der BIG saß Ernst Karl Plech.

Der Immobilien-Tycoon, der inzwischen mit Grasser eine Firma (GPS Immobilien GmbH) betreibt, dementiert, dass er mit der Absiedlung des Finanzministeriums etwas zu tun hatte. Er sei weder in die Entscheidungsfindung für ein Ersatzquartier eingebunden gewesen – sondern habe erst nachträglich im Zuge seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der BIG von den Transaktionen erfahren –, noch habe er Provision erhalten.

Höhere Mieten

Plech, gegen den in der Causa Buwog ebenfalls ermittelt wird, hat aber kräftig beim „City Tower“ kassiert: Das Handelsgericht und das Finanzamt in der Riemergasse mussten nämlich ebenfalls aussiedeln, obzwar die Räume nicht für das Finanzministerium gebraucht wurden. Plech vermittelte dem Justizministerium den „City Tower“ und erhielt dafür 607.476 Euro Provision. Das bestätigte der damalige Justizminister Dieter Böhmdorfer schon 2003.

Ein Gegenargument war die viel höhere Miete im „City Tower“. Außerdem wurde befürchtet, dass die BIG Schwierigkeiten haben könnte, Mieter für die alten Gebäude zu finden und so um Einnahmen umfallen würde. Eine Annahme, die sich voll bestätigte, denn die Häuser in der Riemergasse standen lange leer. Allein dort macht der Einnahmenentfall für die BIG nach Berechnungen von Grünen-Bautensprecherin Gabriela Moser jährlich 3,6 Mio. Euro aus. Wenn auch die Finanzämter wie geplant ausziehen, sitzt die BIG auf rund 60.000 schwer verwertbaren Quadratmetern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 9. 8. 2010)


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