Am Herd

Am Montag beginnt die Schule

Am Montag beginnt die Schule.
Am Montag beginnt die Schule.imago images/Shotshop
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Meine Tochter geht ab Montag wieder in die Schule. Ich erwarte mir, dass alles gut vorbereitet ist für den Fall, dass die Zahlen steigen oder ein Kind positiv ist.

Neulich bin ich im Netz über ein digitales Klassenzimmer gestolpert. Es hat vier Türen. Wer durch die erste geht, findet dort einen Lehrer, man kann Fragen stellen, sich etwas erklären lassen, vielleicht auch ein Wort des Lobes abholen. Die zweite führt zu einer Art Gemeinschaftsraum. Dort treffen sich die Schüler, erarbeiten den Stoff, diskutieren, machen wohl auch Blödsinn. So ähnlich wie hinter der dritten Tür. Aber da passiert alles schriftlich. Das Mikro ist aus. In den vierten Raum schließlich begibt sich, wer am liebsten allein lernt.

Es gibt tolle E-Learning-Konzepte! Ich erwarte mir, dass ausnahmslos alle Schulen Zugang zu einer entsprechenden Plattform haben. Dass Kurse für jene Lehrer veranstaltet werden, die damit noch fremdeln. Dass sämtliche Schüler mit den nötigen Geräten ausgestattet werden – und notfalls auch mit WLAN. Und dass, wenn Kinder sich angesteckt haben oder die Ampel auf rot wechselt, die digitalen Klassen am nächsten Tag loslegen können. Nicht wie im März, als jede Schule, ja praktisch jeder Lehrer selbst herausfinden musste, wie er am besten mit den Kindern Kontakt hält und sie beim Lernen begleitet.

Manches geht nicht zu Hause. Ich erwarte mir, dass auf das Alter der Kinder Rücksicht genommen wird. Weil ein Volksschüler nun einmal etwas anderes braucht als ein angehender Gymnasiast oder ein Pubertierender – und der wieder etwas anderes als ein Maturant. Ein Sechsjähriger muss üben, zuzuhören und still zu sitzen, er muss Freunde finden, im Pausenhof streiten, das kann er nicht zu Hause. Auch ein Zehnjähriger braucht noch einen Lehrer, eine Lehrerin. Jemanden, der da ist. Der erklärt, vermittelt, ansprechbar ist. Ich erwarte mir, dass jüngere Kinder Vorrang haben. Dass zumindest für Volksschulen (und Kindergärten!) Luftreinigungsanlagen mit Hepa-Filtern angeschafft werden, bevor sie ausverkauft sind wie die Masken Anfang April. Dass man notfalls die Jüngeren in geteilten Gruppen unterrichtet, auch wenn das etwa für die 17-jährige Marlene (und vielleicht auch schon für den 13-jährigen Felix) bedeutet, dass sie häufiger zu Hause lernen müssen. Andere brauchen ihr Klassenzimmer dringender.

Dafür sollte rechtzeitig fixiert werden, wie die Matura heuer abläuft.

Ich erwarte, dass sich jemand im Verlauf dieses Sommers überlegt hat, wie man die Eltern kleinerer Kinder entlastet. Viele waren, viele sind am Ende ihrer Kräfte. Wir können ihnen nicht noch so ein Semester zumuten – ihnen nicht, und ihren Kindern auch nicht. Mütter und Väter können auch nicht einfach Lehrer spielen. Lehrer ist ein Beruf.

Am Montag beginnt der Unterricht. Und nicht mehr lang, dann beginnt der Herbst.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

www.diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2020)

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