Von der Juristin zur Atemtrainerin, von der Psychologin zur Bäckerin: Wer der inneren Stimme vertraut, baut manchmal sein Leben völlig um. Sie zu hören sollte geübt werden, raten Mentaltrainer. Denn: „Sie lügt nicht.“ Allerdings haften ihr Spott und Vorwürfe der Esoterik an, dabei setzte nicht zuletzt Albert Einstein auf die Intuition.
„Willst du wirklich deinen sicheren Job aufgeben? Du verdienst gut, könntest hier in Pension gehen.“ Sätze wie diese waren es, die Karin Hinteregger häufig hörte. In der Familie, von Freunden, von Kollegen, von sich selbst. „Ich bin ein Kopfmensch und wäge gern ab, Pro-und-Contra-Listen sind gute Bekannte von mir“, grinst die Wienerin. Doch was helfen sie, wenn die innere Stimme die aufgelisteten Argumente übertönt? Wenn beim Gedanken an den nächsten Arbeitstag ein unangenehmes Gefühl aufkommt?
„Ich wollte immer Juristin werden“, sagt Hinteregger. Schon als Jugendliche bewunderte sie Julia Roberts im Film „Die Akte“, wollte für Gerechtigkeit kämpfen. Ideale, die sie durch ein Jusstudium und in ein Büro des Gewerkschaftsbundes ÖGB begleiteten. 14 Jahre lang setzte sie sich dort für die Rechte von Arbeitnehmern ein. „Es war eine Männerdomäne, doch ich lernte, mich durchzusetzen, wurde Referatsleiterin, verhandelte sozialpolitische Reformen mit“, erzählt die 46-Jährige. Allerdings: „Je mehr mich die Arbeit forderte, desto stärker kam ich aus der Balance.“
Selbstbewusst arbeitslos. Hinteregger begann, sich mit Meditation zu befassen, mit Atemtechniken. Sie belegte Kurse – und kündigte. „Es war ein Schlüsselerlebnis“, ausgelöst durch die Erkrankung einer Kollegin, sagt sie. „Ich fragte mich: Wenn ich in zehn Jahren sterbe, will ich sie hier verbringen?“ Sie hörte in sich hinein, die Antwort, die sie fand, war eindeutig.