Home-Office

Die Küche ist das neue Büro

Arbeiten und gleichzeitig Kleinkinder betreuen – der Shutdown machte es notwendig.
Arbeiten und gleichzeitig Kleinkinder betreuen – der Shutdown machte es notwendig.Getty Images
  • Drucken

Wenn man mit dem Chef telefoniert und gleichzeitig die Wäsche aufhängt, ist es dann immer noch Arbeit? Die Sozialpartner tüfteln an einem Gesetz für das Home-Office.

Bei allem Unheil, das Corona angerichtet hatte: So frei war man als Angestellter noch nie. Arbeiten wo und teilweise auch wann man will, Kaffeepausen im eigenen Garten, zwischendurch ein Paket entgegennehmen, den Handwerker beaufsichtigen – das Home-Office macht es möglich. Vor Covid-19 war Home-Office ein Minderheitenprogramm, während der Krise arbeiteten Umfragen zufolge 40 Prozent der Beschäftigten von daheim aus. Das Home-Office dürfte uns vorerst bleiben. Deshalb hat die Regierung die Sozialpartner beauftragt, Regeln für das Arbeiten von zu Hause aus zu erarbeiten. Und schon einmal grob die Richtung vorgegeben: Ziel sei eine Modernisierung des Arbeitsrechts, Stichwort Ruhezeiten – sie sollen „an das digitale Zeitalter angepasst“ werden.

Da schrillen bei den Vertretern der Arbeitnehmer die Alarmglocken. Das Arbeitszeitgesetz schreibt nach Feierabend eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden vor. Ausnahmen gibt es für Dienstreisen und im Tourismus. „Eine Verkürzung der Ruhezeit schließen wir kategorisch aus“, sagt Philipp Brokes, Jurist bei der Arbeiterkammer (AK). Die Grenze zwischen privat und beruflich verschwimme ohnehin schon dadurch, dass man zu Hause arbeite. Er zitiert eine Ifes-Befragung im Auftrag der AK vom Mai: 36 Prozent der Beschäftigten hätten im Home-Office mehr als 40 Stunden in der Woche gearbeitet. Da sei es umso wichtiger, dass an der Elf-Stunden-Ruhe nicht gerüttelt werde.

Einen anderen Aspekt sehen Wirtschafts- und Arbeiterkammer gleich: Home-Office soll freiwillig und Vereinbarungssache zwischen Chef und Mitarbeiter sein. Einen Anspruch, wie es ihn in den Niederlanden gibt, wird es bei uns also nicht geben. Einig ist man sich auch, dass es Regeln braucht. „Bevor das Home-Office ungeregelt zur Routine wird“, sagt Brokes.

Bei der Vienna Insurance Group dürfen derzeit maximal 30 Prozent der Belegschaft ins Büro kommen. Die Mitarbeiter entscheiden in Absprache mit dem Teamleiter, wo sie arbeiten. Der Versicherungskonzern will das Home-Office beibehalten und arbeitet an einem Konzept. So gut wie alle Mitarbeiter hätten einen Laptop, Zuschüsse, etwa zum Internet, gebe es keine, sagt ein Sprecher. Die AK will, dass die Frage der Kosten besser geregelt wird. Und: Im Büro sei es selbstverständlich, dass für den Arbeitsplatz ergonomische Vorschriften gelten, für deren Einhaltung der Arbeitgeber sorgt. Daheim gilt das derzeit nur sehr eingeschränkt. Auch auf das psychische Wohlbefinden müsse zu Hause genauso geachtet werden wie im Büro, sagt Bettina Kubicek, Professorin für Arbeitspsychologie an der Universität Graz. Beschäftigte seien bereit, sehr viel zurückzugeben, dafür, dass sie im Home-Office arbeiten können. „Viele arbeiten länger und intensiver.“ Es müsse klar sein, wann Erreichbarkeit gewünscht und gefordert ist. Und wann sie endet. „Es ist sehr wichtig zu regeln, was die Erwartungen sind“, sagt Kubicek. Das könne kein Gesetz, das könnten nur Vorgesetzte und Beschäftigte untereinander.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.