Vorhang zu für eine schwarze Diva in der Staatsoper

(c) museum in progress
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Was für ein Auftritt: Der neue „Eiserne Vorhang“ der Wiener Staatsoper ist so dramatisch, opulent und zeitgeistig – also so gelungen wie nie.

Zum Einstieg von Staatsoperndirektor Bogdan Roscic gelang dem „Museum in Progress“, das seit über zwei Jahrzehnten den umstrittenen Eisernen Vorhang von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern verhüllen lässt, Außerordentliches: Als sich das Bild Montagvormittag in voller ikonografischer Schwere im abgedunkelten Saal der Oper erstmals senkte, wirkte es fast wie eine Erscheinung - und eine Art Heimholung. Noch nie hat ein Beitrag ästhetisch so gelungen mit der Opulenz des Hauses gespielt. Noch nie war er auch gesellschaftspolitisch so relevant wie diesmal. Was bisher praktisch überhaupt nie vorgekommen ist.

Durchaus auch vor dem Hintergrund der Black-Lives-Matter-Bewegung hat die internationale Jury des „Museum in Progress“ (Hans Ulrich Obrist, Daniel Birnbaum, Bice Curiger) für diese 23. die NS-Geschichte des Eisenmenger-Originals enthüllende Verhüllung die US-Konzeptkünstlerin Carrie Mae Weems für einen Beitrag gewinnen können.

Dieser Beitrag ist beeindruckend dicht geworden, eine subversiv mit diversen (Macht-)Codes spielende, dunkel-feministische Memento-Mori-Bling-Bling-Inszenierung. Und in seinem Zentrum sitzt eine wahre Queen, nämlich Queen B., also der R&B-Star Mary J. Blige. Weems platzierte ihre Protagonistin vor einem Schachbrett, neben ihr arrangierte sie u. a. einen historischen schwarzen Globus. Rechts unten drängt sich gar ein weißer Schwan ins Bild (Schwanensee lässt grüßen) - während der schwarze „Schwan“, Blige selbst, sich im Spiegel betrachtet, ihre eigene Selbstdarstellung überprüfend.

Hier wurde auch gar nichts dem Zufall überlassen. Blumen, Früchte, Gläser und Silber, die sich am Tisch häufen, sind klassische Vanitas-Symbole. Die weißen Männer-Büsten stammen übrigens von Kehinde Wiley, einem anderen berühmten afroamerikanischem Künstler (Porträtist von Obama). Am Kaminsims eine Ebenholzfigur aus Nigeria, sonst gerne Attribute der „Fortschrittlichkeit“ der westlichen Moderne.

1953 geboren, war es aber Weems, die als erste afroamerikanische Künstlerin eine Soloshow im New Yorker Guggenheim (2014) bekommen hat. Mit diesem fotografischen Tableau lässt sie jetzt in einem anderen Tempel weißer Hochkultur über Stereotype der Repräsentation – der Geschlechter, der Kulturen, der Musikszenen – nachdenken. Und wer weiß, wie Operndirektor Roscic andeutete – schaffe man es diese Saison vielleicht noch tatsächlich, die Pop-Diva Blige herself vor ihren Vorhang zu bitten. Denn für Diven, so Roscic, sei man hier schließlich zuständig - und Bliges Stimme diesem Haus jedenfalls würdig.

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