Pizzicato

Venezianischer Maskenball

Endlich wieder Kino, endlich wieder Italianità. Cate Blanchett und Tilda Swinton sind bei den Filmfestspielen überwältigt von ihren Gefühlen. Aber so richtig will die Stimmung nicht aufkommen.

Cate Blanchett war so überwältigt von ihren Gefühlen, dass sie bei der Eröffnung der Biennale in Venedig ins Italienische verfiel und am liebsten die Arme um den Hals ihrer Kollegin Tilda Swinton geschlungen hätte. Endlich wieder Kino, endlich wieder Italianità: In der filmreifen Geste lag die Sehnsucht nach Freiheit und Cinematographie, nach Kunst und Lebenskultur.

Mit Motorboot und Vaporetto über die Lagune zischen, mit der Gondel durch die Kanäle schaukeln und abends einen Aperol Spritz schlürfen: Darin lag der Reiz für George Clooney & Co. Hollywood liebte Venedig, und Venedig liebte Hollywood. Heuer dagegen – kein Clooney, kaum Hollywood-Flair, Flaute. Nur: Masken, Masken, Masken – und dann nicht einmal die des venezianischen Karnevals.

Sollte Blanchetts und Swintons Liebeserklärug an das Kino zum Auftakt der Filmfestspiele am Lido indessen schon der Höhepunkt gewesen sein? Es mag keine Stimmung aufkommen, es fehlt die Leichtigkeit, und die Filmkritiker sind übel gelaunt. Vielleicht sollten sich alle ein Beispiel nehmen an den Venezianern, die schon schlimmere Pestzeiten überstanden haben und selbst den Mundschutz mit einer gewissen Grandezza tragen – die Männer am liebsten übrigens in der Armbeuge. So lässt er sich am schnellsten über das Gesicht streifen – fast wie in einem Western.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2020)

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