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Was für einen US-Präsidenten wollen die Europäer eigentlich?

Peter Kufner
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Es kann für Europa keine Äquidistanz zu den USA und Russland oder China geben.

Präsidentschaftswahlen in den USA werden von den Europäern betrachtet, als wenn es Wahlen im eigenen Land wären und der Präsident ihr Präsident wäre. Manche glauben auch, Wahlen in den USA würden über Fragen der Weltpolitik entscheiden, tatsächlich aber kümmern einen amerikanischen Wähler in Nebraska europäische Wünsche an den eigenen Präsidenten kaum. In diesem Jahr scheint das Interesse in Europa am US-Wahlkampf besonders groß zu sein. Gerade noch Corona, aber schon nicht mehr die Klimafrage kann es mit dem Interesse aufnehmen, das die US-Wahl in Europa findet.

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Jedenfalls nicht Donald Trump

Aber wissen die Europäer überhaupt, was für einen Präsidenten sie in den USA haben wollen? Diesmal scheint zumindest die halbe Antwort klar und einfach zu sein: Jedenfalls nicht Donald Trump. Darin sind sich alle einig und hoffen irrtümlicherweise, dass Trump nur eine Art Panne der Geschichte gewesen sei und nach seiner Präsidentschaft, wenn sie denn mit diesem 3. November zu Ende gehen sollte, alles sein werde wie vorher. Ebenso allgemein ist die Überzeugung, dass es noch nie einen Präsidenten der USA gegeben hat, der nach den üblichen Maßstäben von Bildung und Kenntnissen so wenig geeignet war für sein Amt.
Trump eignet sich hervorragend als Projektionsfläche und Vorwand für alle Vorurteile und Anmaßungen der Europäer gegenüber den USA. Die Feindschaft gegenüber den USA in Europa ist nicht erst mit Trump aufgetaucht, er hat ihr aber neuen Antrieb gegeben. Es gibt in Europa einen rechten Antiamerikanismus, der den USA ihr Eingreifen im Zweiten Weltkrieg nicht verzeihen will, und einen linken antikapitalistischen. Beide haben Schwierigkeiten, sich vom Antisemitismus abzugrenzen. Die Chiffre dafür heißt „Ostküste“. Da weiß man, was gemeint ist.
Die Haltung der Europäer gegenüber den USA ist seit jeher ambivalent. Der Antiamerikanismus hat sich aber immer bestens damit vertragen, dass man sich in Zeiten des Kalten Kriegs unter dem Schutzschirm der USA ganz sicher fühlte und diesen Schutz für selbstverständlich hielt. Natürlich schätzt man es auch, wenn in einem Katastrophenfall in Österreich amerikanische Hubschrauber aus einer bayerischen Garnison aufsteigen.

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