Interview

Maderthaner: "Gehorche der inneren Stimme immer radikaler"

Kommunikationsexperte Philipp Maderthaner
Kommunikationsexperte Philipp Maderthaner (c) Jeff Mangione
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Der Kommunikationsexperte Philipp Maderthaner gilt als Kopf hinter den Kampagnen von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Nun hat er einen Ratgeber geschrieben - für Menschen in Umbruchsituationen.

Die Presse: Sie haben sich selbst und andere - darunter Sebastian Kurz - schon mehrfach neu erfunden. Was steckt dahinter: Berechnung oder Bauchgefühl?

Philipp Maderthaner: Wenn sich ein neues Selbstbild herauskristallisiert, dann ist das immer mit einem gewissen Druck verbunden: Man ist mit dem Aktuellen nicht mehr zufrieden, die Erfüllung fehlt. Veränderung beginnt immer von innen.

Krisen können einem Veränderungen aufzwingen.

Da wir Menschen Gewohnheitstiere sind, ist Veränderung nicht so unsere Sache. Daher braucht es in der Regel recht viel Schmerz und Druck, damit eine große Veränderung passiert. Dieser Druck baut sich schrittweise auf, bis der Schmerz oder die erhoffte Erfüllung so groß sind, dass man den Schritt zur Neuerfindung wagt. Das ist ein hochgradig emotionaler Prozess. Es mag Menschen geben, die sich vor dem Reißbrett rational neu designen, ist aber nicht mein Zugang und mir auch noch nicht passiert.

Sie hören also eine innere Stimme?

Innere Stimme ist absolut ein Begriff, mit dem ich etwas anfangen kann. Eine der größten Herausforderungen in einem Zeitalter von Social Media, wo wir täglich zugespamt werden mit Inspiration und ungebetenen Ratschlägen, ist, die innere Stimme vom eigenen Ego zu unterscheiden. Beide sprechen täglich mit uns. Der Unterschied: Die Ego-Stimme ist von außen beeinflusst, die innere Stimme weiß immer, was gut für uns ist. Leider klingen die beiden sehr ähnlich.

Als Kampagnenmacher waren Sie für Ihren Hang zu Daten bekannt. Das klingt weniger nach innerer Stimme, denn nach Ratio und Reißbrett.

Das scheint nur so: Ich habe vor einigen Monaten mein erstes Büchlein - „Alles wird gut“ - herausgegeben. Es ist ein Ratgeber für Menschen in Umbruchsituationen, die sich selbst Druck machen, viel erreichen wollen, aber sich trotzdem dann im Kopf im Weg stehen. Das zu schreiben hat sowas von nicht zu meiner eigenen Strategie gepasst. Ich habe kurz davor ein Unternehmen gegründet, das eine neue Form der Unternehmensberatung entwickelt. Das hat eigentlich alles nicht zusammen gepasst. Doch es musste eben aus mir raus. Meine innere Stimme hat gerufen und ich bin ihr wider jeder Logik gefolgt. 

So ein Buch pünktlich zur Firmengründung  könnte man auch als klugen PR-Schachzug bewerten.

Auf die innere Stimme zu hören ist keine Berechnung und kein Luxus, es ist verschwendete Zeit, es nicht zu tun. Allerdings ist es nicht leicht, auf sie zu vertrauen, weil man es oftmals nicht argumentieren kann. Fest steht aber: Nicht auf sie zu hören führt auf Dauer zu Schmerz. Wir kennen es alle: Wir treffen Entscheidungen, obwohl wir von Beginn an ein mieses Bauchgefühl hatten. Es folgen noch drei schmerzhafte Erfahrungen dazu, weil man sich an den ersten Entschluss klammert - bis es nicht mehr geht. Ich habe das oft genug erlebt, deswegen gehorche ich meiner inneren Stimme mit zunehmender Entwicklung nun immer radikaler.

Was raten Sie Leuten, die sich nicht entscheiden können?

Ich bin ein Modell- und Methodenfreak, deswegen habe ich in meinem Buch eine „Schritt für Schritt“-Anleitung geschaffen. Sie soll Menschen dabei helfen, aus ihrem Kopf herauszukommen, denn dort drinnen passiert nichts Neues - das Hirn wiederholt nur, was es schon weiß.

Und wie schafft man das?

Etwa, indem man das Misi-Monster bekämpft - das „Müsste ich, sollte ich“-Monster. Gemeint ist, dass man sich täglich Dinge vorsagt, die man theoretisch machen müsste - Sport machen, einen Kurs belegen. Dabei will man diese Dinge eigentlich gar nicht und schiebt sie immer auf. Dieses Vorgehen verbrennt unheimlich viele unnötige PS, also Energie, die man viel besser anders einsetzen könnte. Zum Beispiel für die Dinge, an denen man tatsächlich arbeitet und nicht nur darüber nachdenkt. Ein weiterer Tipp: Man sollte sich - gerade, wenn man sich selbstständige machen will, etwas aussuchen, von dem man glaubt, dass man am längsten dranbleiben wird, dann hat man die größten Erfolgschancen. 

Ausdauer und Optimismus also?

Ja. Man sollte im Zweifel davon ausgehen, dass es unglaublich mühsam wird, alles andere ist eine positive Überraschung. Dann hält man auch durch, wenn es sich mal zieht. Wichtig ist die eigene Begeisterung, sich selbst als Bereicherung zu sehen. Mehr noch: Ich muss so überzeugt von mir, meiner Dienstleistung, meinem Produkt sein, dass ich es als unterlassene Hilfeleistung empfinden würde, es nicht anzubieten. Mit dieser Einstellung macht sich Werbung fast von allein. 

Person und Buch

Philipp Maderthaner gilt als Kopf hinter den erfolgreichen Wahlkampagnen von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Er ist Gründer des Campaigning Bureau sowie des Beratungsbüros Business Gladiators. Im seinem Buch „Alles wird gut“ verrät er 15 Strategien zu beruflichem „Erfolg und Erfüllung“.

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