Coronakrise

Gewerbe und Handwerk verlieren mindestens elf Milliarden Euro Umsatz

Auch Monate nach dem Lockdown sind die Auswirkungen auf Gewerbe und Handwerk noch stark bemerkbar. Im August hatte jeder siebente Betrieb mit einem Umsatzverlust von mehr als 25 Prozent zu kämpfen. Die Erwartungen für die Zukunft sind nicht gerade rosig.

Als "ungewisse Fahrt durch den Coronanebel" bezeichnet die Obfrau der WKÖ-Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Renate Scheichelbauer-Schuster, die aktuelle Lage für ihre Branche. Bis Jahresende werde sich der Umsatzverlust der über 230.000 Unternehmen auf elf Milliarden Euro summieren, eine zweite Welle sei da noch gar nicht einkalkuliert. Scheichelbauer-Schuster drängte erneut auf eine Neuauflage des Handwerkerbonus.

Auch Monate nach dem Lockdown sind die Auswirkungen noch stark bemerkbar: Im August hatte jeder siebente Betrieb mit einem Umsatzverlust von mehr als 25 Prozent zu kämpfen. Ohne die Maßnahmen der Regierung wie Stundungen, Kurzarbeit und dem Fixkostenzuschuss wäre das überhaupt nicht zu schaffen, räumte Scheichelbauer-Schuster am Dienstag bei einem Pressegespräch ein. Ein Prozent der Firmen würden gar keine Hoffnung mehr haben, "aber die anderen kämpfen", so Reinhard Kainz, Geschäftsführer Bundessparte Gewerbe und Handwerk.

Besonders hart trifft es Betriebe im Kreativ- und Designbereich wie die Eventbranche sowie Firmen im Gesundheits- und Wellnesssektor, darunter Fußpflegerinnen, Kosmetiker und Masseurinnen. Etwas besser sei die Situation bei Friseuren, die ab Mai von Nachholeffekten profitierten, sagte Christina Enichlmair von der KMU Forschung Austria. Insgesamt sehe man eine Erholung, doch auch im Juli und August seien die Umsätze im Gewerbe und Handwerk noch jeweils um 7 Prozent unter dem Vorjahr gelegen. Im April betrug der Umsatzeinbruch noch fast ein Drittel.

„Fahren mit angezogener Handbremse"

Die Erwartungen für die Zukunft sind nicht gerade rosig. Hatten vor der Coronavirus-Pandemie noch knapp die Hälfte der Firmen Investitionen für 2020 geplant, so waren es Ende Juni nur noch 23 Prozent. "Ich sehe mit Sorge dem Herbst und Winter entgegen. Viele Kunden warten ab, die öffentliche Hand zögert. Wir fahren mit angezogener Handbremse", sagte Spartenobfrau Scheichelbauer-Schuster.

Ein Lichtblick sei da die Personalentwicklung. Entgegen aller Warnungen und Kritik, die Betriebe hätten keinen Ausbildungswillen, habe es mit Ende August sogar ein Plus bei den Lehrlingen von 0,6 Prozent auf 92.300 gegeben, wovon mehr als 44.200 Lehrlinge auf das Gewerbe und Handwerk gefallen seien. Der Lehrlingsbonus und die Corona-Kurzarbeit, die auch für Lehrlinge offen stand, würden sehr helfen, sagte Scheichelbauer-Schuster.

In Summe gebe es im Gewerbe und Handwerk mehr verfügbare Lehrstellen als Lehrstellensuchende, wobei es ein Ost-West-Gefälle gebe. Während in Wien Stellen fehlten, gebe es in Oberösterreich, Salzburg oder Tirol einen Überhang. "Viele Firmen berichten, dass sich zu wenige Lehrlinge bewerben bzw. dass sie keine finden", so Scheichelbauer-Schuster. Wenn die Kurzarbeit andauere, brauche es aber Weiterbildungsmaßnahmen für die Lehrlinge.

Beim übrigen Personalstand zeichnet sich laut KMU Forschung für das dritte Quartal ein erhöhter Bedarf ab. Aufgrund der Krise habe sich der Personalbedarf vom zweiten in das dritte Quartal verschoben, vor allem im Baugewerbe, sagte Enichlmair.

Sollte die gesundheitliche Krise eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz erfordern, so sei sie dafür, sagte Spartenobfrau Scheichelbauer-Schuster auf Nachfrage. "Wenn es notwendig ist, ist das sicher eine gut überlegte Maßnahme der Regierung." In Wien, Graz, Linz und dem Tiroler Bezirk Kufstein steht die Corona-Ampel auf Geld, was eine Ausweitung des Mund-Nasen-Schutzes bedeutet.

Um das Geschäft wieder anzukurbeln, sprachen sich die Branchenvertreter einmal mehr für eine Neuauflage des Handwerkerbonus aus. Dieser soll für weniger Pfusch sorgen. Investitionen der öffentlichen Hand, wie die Sanierungsoffensive, die Förderung der thermischen Sanierung, Heizkesseltausch oder Bauprojekte aus Gemeindepaket müssten nun schnell kommen, um die Firmen mit Arbeit zu versorgen. Der Reparaturbonus, der derzeit für Fahrräder, Schuhe und Bekleidung gilt, sollte auf andere Bereiche wie Elektrogeräte ausgeweitet werden, forderte Kainz. Seit 1. September gilt für bestimmte Reparaturleistungen als Impuls für die Werkstätten ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von 10 Prozent. Eingeführt wurde der Bonus auch als Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.