Für Zeiten wie diese

Jetzt könnten Österreichs vergessene Schulreformer helfen

Andere Länder sind stolz auf ihre pädagogischen Vordenker und Vordenkerinnen. Österreichs Bildungsdiskussion hingegen ignoriert die große heimische Tradition.

Wie oft hatte ich es Kritikern gesagt: Wir müssten den Unterricht nur ein paar Monate lang aussetzen. Dann würden alle merken, wie sehr uns die Schule abgeht! Vor einem halben Jahr wurde es Wirklichkeit. Eltern stöhnten beim viel gepriesenen Homeschooling, Kinder vermissten ihre Freundinnen und Freunde, Lehrerinnen und Lehrer portionierten am Computer mühsam die Unterrichtseinheiten. Jetzt ist man froh, dass die Schultore wieder offen sind. Die Frage ist nur, auf welchen Unterricht man sich freut: Ist es eine Schule des Messens, Testens, des ängstlichen Blicks auf Rankings und Statistiken? Oder eine, in der Rücksichtsnahme, Gemeinschaftssinn, Freude vermittelt werden? Ich denke, die meisten Eltern verstehen Letzteres unter einer „guten Schule“.

Seit zwanzig Jahren folgt man international einem Trend, den die USA und die OECD vorgaben: Dem des Dokumentierens und Messens. Das ist nicht verwerflich. Gesicherte Standards sind wichtig. Problematisch wird es, wenn Rankings zum Fetisch werden, Unterschiede gemessen, aber nicht verkleinert werden. Wenn sich durch die Schließung von Schulen die Bildungsschere zwischen Gleichaltrigen weiter öffnet, ungeachtet der Begabung. Die Bildungspolitik hat hier eine erdrückende Verantwortung.
Ein Blick in große Traditionen kann hier helfen. Österreichische Pädagogik hatte einst Weltgeltung. In der Ersten Republik pilgerte man zu den Wiener Schulreformen. Während aber andere Länder stolz auf ihre Vordenkerinnen und Vordenker sind – die Polen auf Janusz Korczak, Italien auf Maria Montessori, die Franzosen auf die Freinets, bestimmen die bahnbrechenden Leistungen österreichischer Schulreformer kaum die Bildungsdiskussion.

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