Postenbesetzungen, parteinahe Vereine, Befangenheit: Nach der Sommerpause stand nicht die FPÖ, sondern die ÖVP - genauer gesagt, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka - im Fokus des Ibiza-U-Ausschusses.
Das sogenannte „Ibiza-Video“ stellte im Mai 2019 die politische Landschaft Österreichs auf den Kopf. Es führte zum Platzen der türkis-blauen Koalition und katapultierte den damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler, Heinz-Christian Strache, ins Abseits. Die politische Aufarbeitung folgt nun ein Jahr danach im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss. „Die Presse“ berichtete live aus der Hofburg.
Wer waren die Auskunftspersonen?
- Wolfgang Sobotka (ÖVP): Der Nationalratspräsident wechselte die Seiten - statt auf dem Sessel des U-Ausschuss-Vorsitzenden nahm er in der ersten Sitzung nach der Sommerpause auf jenem der Auskunftspersonen Platz.
- Bernhard K. war bis vor Kurzem Pressesprecher der Novomatic sowie einst Mitarbeiter von Sobotka.
- Ihr Kommen abgesagt haben im Vorfeld (einmal mehr) Millionärin und ÖVP-Spenderin Heidi Goëss-Horten sowie Novomatic-Chef Johann Graf. Als Begründung gaben sie die derzeitige Coronasituation an. Markus Braun sagte sein Kommen ebenfalls ab, da er sich in Quarantäne befinde. Er ist Vorstandsmitglied der Sigma Investment AG und Beschuldigter in der Vereinscausa, weshalb er das Recht hat, sich zu entschlagen. Braun ist ÖVP-Mitglied, war aber bei FPÖ-nahen Vereinen aktiv, die derzeit von der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) untersucht werden. Konkret ist Braun Obmann des Vereins „Austria in Motion“ und Kassier des „Instituts für Sicherheitspolitik“. Ermittler vermuten, dass dieser und andere Vereine als Vehikel genutzt worden sein könnten, um Gelder für die FPÖ zu lukrieren. Braun war auch von der FPÖ entsandtes ORF-Stiftungsratsmitglied und ist der Schwager von Peter Sidlo, Ex-Casag-Finanzvorstand und FPÖ-Bezirksrat.
Welche Themen standen auf der Agenda?
- Normalerweise drehen sich die Fragen im U-Ausschuss um die FPÖ und ihren Ex-Chef Heinz-Christian Strache, der im Mai 2019 über das „Ibiza-Video“ und in der Folge aus der Partei und seine Partei aus der Regierung gestolpert ist. Am Mittwoch war das anders. SPÖ und Neos konzentrierten sich auf die Rolle der ÖVP: Was wusste der einstige Koalitionspartner über Postenbesetzungen bei den Casinos Austria und anderen staatsnahen Unternehmen?, so eine zentrale Frage. Beantworten sollte sie Nationalratspräsident und ÖVP-Urgestein Wolfgang Sobotka (seines Zeichens auch Ex-Innenminister). Denn: Sobotka soll sich zweimal mit Novomatic-Chef Johann Graf getroffen haben.
- Ebenfalls auf der Agenda stand das Alois-Mock-Institut, dessen Präsident Sobotka ist. Das Institut gibt das Druckwerk „Report“ heraus, zu dessen Inserenten u.a. das Land Niederösterreich (Sobotka war hier einst Finanzlandesrat), die EVN, die Hypo Niederösterreich und Novomatic zählen. Sobotka betonte, das Institut habe nichts mit der ÖVP zu tun – die Opposition sieht das anders.
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