Integrationsbericht

„Kampf gegen Parallelgesellschaften“

Integrationsministerin Susanne Raab, die Leiterin des Expertenrates für Integration Katharina Pabel (li.) und Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas während der Pressekonferenz.
Integrationsministerin Susanne Raab, die Leiterin des Expertenrates für Integration Katharina Pabel (li.) und Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas während der Pressekonferenz.APA/ROBERT JAEGER
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Das Entstehen von Parallelgesellschaften, wie es sie in Wien ansatzweise bereits gebe, müsse vermieden werden. Das erklärt ÖVP-Integrationsministerin Susanne Raab.

Fast ein Viertel der österreichischen Bevölkerung, nämlich 2.070.100 Personen, ist zugewandert oder hat zugewanderte Eltern. Blickt man auf das vergangene Jahrzehnt, so bedeutet dies einen Zuwachs der Bevölkerung mit Migrationshintergrund von mehr als 35 Prozent. Diese Zahlen (siehe Grafiken) gehören zu den zentralen Aussagen des Integrationsberichts 2020, der am Dienstag von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) präsentiert wurde.

Die Zahl der ausländischen Staatsangehörigen in Österreich liegt bei knapp 1,5 Millionen. Das entspricht einem Ausländeranteil von knapp 17 Prozent (Stichtag 1. Jänner 2020). Die stärkste Gruppe dieser Sparte ist jene der Deutschen, mit knapp 200.000 Personen. Danach folgen Rumänen (ca. 123.000), Serben (ca. 122.000) und Türken (ca. 118.000).

Statistik Austria-Direktor Tobias Thomas wies darauf hin, dass der Anteil der ausländischen Staatsangehörigen in Österreich einen „europäischen Spitzenplatz“ darstelle. Man liege damit beispielweise „markant vor Deutschland“ (12,2 Prozent, gemessen Anfang 2019).

(c) Die Presse

Nachwirkungen der Krise

Indes wirke die Flüchtlingskrise von 2015 nach, so Raab. Vor allem bei Frauen aus „Flucht-Ländern“ war zuletzt die Arbeitslosenquote besonders hoch („Die Presse“ berichtete). Bei syrischen Frauen lag diese Quote im Vorjahr gar bei 70,5 Prozent. 54,2 Prozent der Frauen aus Afghanistan waren arbeitslos gemeldet. Ebenso wie 51 Prozent aus dem Irak. Rückblick: Laut Bericht lag Österreich bei den Asylanerkennungen proportional zur Bevölkerung in den Jahren 2015 bis 2017 „europaweit auf Platz 1“. „Eine Flüchtlingskrise wie 2015 darf sich nicht wiederholen“, erklärte Raab. Und: „Man hat damals ,Willkommen‘ gesagt, aber nicht an die Auswirkungen gedacht.“

Daher wolle sie nun den „restriktiven Migrationskurs fortsetzen.“ Dazu gehöre der „Kampf gegen Parallelgesellschaften“. Und: In Wien gebe es bereits „parallelgesellschaftliche Strukturen“. Als Beispiel gab die ÖVP-Politikerin an: „Wenn Menschen in den türkischen Supermarkt gehen und in die türkischen Vereine und in die Moschee, dann sind das Zeichen für parallelgesellschaftliche Strukturen.“ Immer wieder würden „spaltende Ideologien“ aus dem Ausland in österreichische Vereine hereingetragen werden. „Auch dies fördert Parallelgesellschaften“.

Kritische Töne in Richtung der Bundeshauptstadt, die als Ballungsraum eine zentrale Rolle bei der Integration spielt, gab es auch im Bereich Soziales. Unter Verweis auf Zahlen des Berichts erinnerte Raab daran, dass 2019 um die 60 Prozent der Mindestsicherungsbezieher in Wien lebten. Und: Während in Österreich (ohne Wien) 50 Prozent der Mindestsicherungsbezieher ausländische Staatsangehörige waren, so waren es in Wien 55 Prozent.

Als „Eckpfeiler“ der Integrationspolitik nannte die Ministerin die Stärkung von geflüchteten bzw. zugewanderten Frauen oder etwa die Förderung der Identifikation mit Österreich. Hier gibt es etwa bei den Tschetschenen herbe Defizite. Weiters gelte es, Flüchtlinge und Migranten für ehrenamtliches Engagement zu begeistern. Eltern mit Migrationshintergrund sollten in die Pflicht genommen werden: Diese sollten „an der Bildung ihrer Kinder mitwirken“. Und letztlich gelte es eben Parallelgesellschaften zu bannen. In diesem Zusammenhang wurde nun an die jüngsten Ausschreitungen in Wien-Favoriten erinnert, die sich rund um Kurdendemos zugetragen hatten.

Bildung als „Baustelle“

Im Bereich Bildung ergeben die neue Daten Defizite. Zwei Drittel der Schulkinder mit Migrationshintergrund würden die Bildungsstandards im Lesen nicht erreichen, erklärte die Vorsitzende des Integrations-Expertenrats, Katharina Pabel. So gesehen bleibe der Bildungsbereich „eine Baustelle der Integration“. Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr sei daher sinnvoll. Ob dieses nun komme oder nicht, ließ die Ministerin offen. Dies sei nämlich Sache der Länder.

Zwei Drittel der Kinder mit nichtdeutscher Umgangssprache zwischen drei und sechs Jahren weisen derzeit einen erhöhten Förderbedarf auf. Vor zehn Jahren lag dieser Wert noch bei 58 Prozent.
Insgesamt gesehen ist der Anteil der Schüler mit nichtdeutscher Umgangssprache gestiegen. Er liegt nun bei 26,4 Prozent. Besonders stark war der Anstieg in Wien. Der Anteil dieser Kindergruppe liegt hier bei 52,2 Prozent.

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Gegenüber dem Jahr 2010 gibt es einen Anstieg von rund 35 Prozent. Das hat freilich auch mit der großen Flüchtlingsbewegung 2015 zu tun.

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