Kunstlicht

Wer kann noch Bilder maskierter Menschen sehen?

Die Presse/Clemens Fabry
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Die Wiener Innenstadt lässt sich derzeit auf einer Art Corona-Kunst-Tangente durchqueren. Große Erschütterungen bringt das allerdings keine.

Ende der Sechzigerjahre, als Malerei politisch zu sein hatte, um nicht totgesagt zu werden, fing Gerhard Richter mit Begeisterung an – Landschaften zu malen. Keine ideologisch verminten Gebiete wie Totenfelder, Kapitalisten-Bauland, gerodete Regenwälder. Sondern regennasse Wiesen, nebelverhangene Seen, einen Sonnenuntergang. Einen Regenbogen.

Eine von mehreren Interpretation dieser scheinbar paradoxen Intervention des Malers, auf dessen Bilder damals schon aller Augen gerichtet waren, heißt: Verweigerung. Romantik statt Politik, Rückgriff statt Angriff. „Ich hatte plötzlich Lust, etwas Schönes zu malen“, setzte er noch eins drauf.

Was das mit uns zu tun hat? Außer dass demnächst im BA-Kunstforum genau diese Richter-Landschaften ausgestellt werden? Mit der Schwemme an Bildern maskierter Menschen und trostloser Blicke aus Fenstern. Das neue Genre nennt sich Corona-Kunst und ist großteils platt, bieder und von erdrückender Korrektheit wie Ironielosigkeit.

Dabei soll der subversive Eskapismus eines Gerhard Richter hier nicht als einzige Alternative herhalten müssen. Das Verhältnis zwischen Kunst und Krisen ist einfach kompliziert. Allein das zu vermitteln, täte manchen Werke schon gut.

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