Die verheerenden Wald- und Torfbrände in Russland bedrohen eine weitere nukleare Forschungsanlage: In der Nähe des Atomforschungszentrums Sneschinsk im mittleren Ural brachen am Wochenende mehrere Brände aus.
MOSKAU. Die verheerenden Wald- und Torfbrände in Russland bedrohen eine weitere nukleare Forschungsanlage: In der Nähe des Atomforschungszentrums Sneschinsk im mittleren Ural, 1500 Kilometer östlich von Moskau, brachen auf einer Fläche von sieben Hektar am Wochenende mehrere Brände aus. Nach Angaben des russischen Zivilschutzministeriums sei der Brandherd jedoch unter Kontrolle. Gefahr eines Übergreifens des Feuers auf das Zentrum, das Atomwaffen wartet und herstellt, bestünde nicht.
Die Löscharbeiten gestalten sich aber extrem schwierig und mühsam, wie die Föderale Agentur für Atomenergie (Rosatom) auf ihrer Webseite einräumt. In dem sumpfigen Gebiet im Umland der Atomanlage können keine Löschfahrzeuge eingesetzt werden. Stattdessen seien 100 Feuerwehrleute mit Löschtornistern und zwei Hubschrauber des Katastrophenschutzes im Einsatz.
Weitere Hilfskräfte sind damit beschäftigt, das Umland zu roden und die Schneise durch den Wald zu verbreitern, um ein weiteres Überspringen der Flammen zu verhindern. Insgesamt sind 500 Helfer im Einsatz. Sneschinsk ist bis heute eine Stadt, für deren Besuch eine Sondererlaubnis erforderlich ist.
Nachdem in den vergangenen beiden Wochen die Brände vornehmlich in Zentralrussland wüteten, greifen sie mittlerweile auf den Ural und angrenzende Regionen über. Nahe der atomaren Wiederaufbereitungsanlage Majak im Ural wurde bereits vor vier Tagen der Notstand ausgerufen, wie erst gestern bekannt wurde. Die Behörden der Stadt Osjorsk teilten in einer Erklärung mit, die Flammen näherten sich der Anlage von Majak, wo atomare Abfälle gelagert und wiederaufbereitet werden.
Wieder Feuer bei Sarow
Erst am Wochenende hatte das Zivilschutzministerium an einer anderen sensiblen Brandfront Erfolge gemeldet. Fast die ganze vergangene Woche kämpften Einheiten mit den Flammen im Umkreis des wichtigsten russischen Atomwaffen-Forschungszentrums im Nordosten Zentralrusslands.
Die Nuklearanlage in Sarow, 500Kilometer östlich von Moskau im Gebiet Nischnij Nowgorod, stellt neben Raketen auch Plutonium und andere atomare Brennstoffe her. Sarow war die Geburtsstätte der ersten sowjetischen Atombombe 1949 und Wirkungsstätte des späteren Friedensnobelpreisträgers Andrej Sacharow. Ende vergangener Woche tobten zwei Feuerstürme in unmittelbarer Nähe der Stadt. Die Brände konnten aber von den Helfern eingedämmt werden. Das Zivilschutzministerium gab zunächst Entwarnung, dennoch wurden gestern wieder Brände in der Region gemeldet.
Ausgelöst wurden die Waldbrände durch eine Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 40 Grad Celsius. Der Chef des russischen Wetterdienstes sprach am Montag von einer „Jahrtausendhitze“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2010)