Corona-Ampel

Wien bleibt gelb, strengere Regeln auch bei Grün

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Wien schrammte knapp an Orange vorbei, neue Bezirke wie Korneuburg und Innsbruck werden gelb. Bundesweit soll es striktere Vorgaben für Masken und Veranstaltungen geben.

Wien. 20 Jahre ist es her, dass auf Wiens Straßen „Taxi Orange“ gedreht wurde. Während der ORF am Freitag einen Rückblick auf seine einstige Reality-Show ausstrahlt, wurde am Donnerstag in der Ampelkommission intensiv darüber debattiert, ob auf Wiens Straßen Orange Realität wird. Es ging um die Corona-Ampel, deren Farbe für die Hauptstadt umstritten ist. Und die Koalitionen sollen dabei sehr ungewöhnliche gewesen sein.
In der Ampelkommission sitzen Fachexperten sowie Vertreter des Bundes und der Länder. Dem Vernehmen nach waren Vertreter des Kanzleramts für eine Einstufung von Wien in der Farbe Orange – und die Stadt Wien hätte damit sogar leben können. Doch die Vertreter des Gesundheitsministeriums sollen so wie ihr Minister, Rudolf Anschober, gegen eine Änderung der Farbe für Wien gewesen sein.

Letztlich standen die Signale daher doch darauf, dass Wien gelb bleibt. Indes waren Verbesserungen für Linz geplant, das von Gelb auf Grün gestellt werden soll. Graz und Kufstein dürften Gelb bleiben. Die bisher grünen Bezirke Innsbruck-Stadt, Wiener Neustadt, Korneuburg und Schwaz sollen gelb eingestuft werden.

Aber es sind auch generelle Verschärfungen geplant: So soll die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen überall (also auch in den grünen Zonen) ausgeweitet werden und Veranstaltungen bundesweit stärker reglementiert werden: Im Freien darf es dann maximal 5000 Zuseher, in Räumen maximal 2500 Plätze geben.

Kampf um Wien

Schon vor der Sitzung hatte es aus dem Umfeld des Kanzlers, Sebastian Kurz, geheißen, dass er sich von der Ampelkommission „schärfere Maßnahmen“ erwarte. Anschober hat hingegen erklärt, keine Indizien für ein oranges Wien zu haben. Schärfere Maßnahmen seien aber vorstellbar.
Eine Rolle könnte auch der Umstand spielen, dass in der Hauptstadt Gemeinderatswahlen anstehen. Und die Volkspartei in Konkurrenz zur rot-grünen Stadtregierung steht. „Bürgermeister Michael Ludwig muss endlich die Realität akzeptieren“, richtete ÖVP-Innenminister Karl Nehammer gestern dem SPÖ-Bürgermeister zum Thema Corona aus.
„Offenbar ist er schon im Wahlkampffieber“, meinte darauf der rote Gesundheitsstadtrat Peter Hacker über Nehammer. Man setze eine fachliche Ampelkommission ein, und bereits vor deren Sitzung am Donnerstag seien politische Kommentare dazugekommen, kritisierte Hacker.

Faktum ist, dass die Coronazahlen in Wien stark gestiegen sind. 387 der bundesweit 664 Neuinfektionen waren am Donnerstag in der Bundeshauptstadt verzeichnet worden. „Ich fürchte mich auch nicht vor Orange“, meinte Gesundheitsstadtrat Hacker. Und es brauche auch schärfere Regeln, Wien sei jedoch im „juristischen Dilemma“, nicht selbst dafür sorgen zu können.

Tatsächlich plant die türkis-grüne Bundesregierung zwar ein Gesetz, laut dem die Landes- und Bezirksebene strengere Regeln als im Bund beschließen können soll. Der Beschluss der Novelle verzögert sich aber. Also könnten Verschärfungen vorläufig nur vom Bund ausgehen. Die Änderung einer Ampelfarbe für eine Region löst freilich keine automatische Konsequenz aus.

Mindestziele pro Farbe

Dafür brauchte es Verordnungen des Gesundheitsministers. Und auch dieser müsste aus dem von Experten erstellten Kriterienkatalog erst aussuchen, welche Punkte er bei welcher Farbe umsetzt. Allerdings hat die Ampelkommission Vorstellungen davon, was welche Farbe mindestens bedeutet. Bei Orange etwa wäre wieder ein Meter Mindestabstand zu haushaltsfremden Personen (vulgo Babyelefant) einzuhalten. Diese Regel kann man aber ohne neues Gesetz nicht generell für die Öffentlichkeit aufstellen. Die bisherige Babyelefantenregel ist nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs gefallen, weil der Verordnung eine passende gesetzliche Grundlage gefehlt hat.

Die Sperrstunde in Lokalen würde bei Orange auf null Uhr vorverlegt werden, Veranstaltungen stärker reglementiert werden. In Schulen wären weitere Maßnahmen nötig, um Kontakte zu minimieren.
Dass der Mund-Nasen-Schutz grundsätzlich in allen Geschäften getragen werden muss, löste eigentlich bereits die in der Vorwoche teils vergebene Farbe Gelb aus. Bloß fehlt auch hier noch eine Rechtsgrundlage. Die Verordnung dazu will Anschober aber am heutigen Freitag kundtun. Und beim Thema Masken sollen nun eben auch schon Bürger in grünen Zonen mitverpflichtet werden.
Taxis dürfen übrigens bei jeder Farbe weiterfahren, es muss also kein Taxi Orange sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2020)

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Vorab hatte Wien strengere Maßnahmen gefordert. Und die kommen auch: Unter anderem wird der Mund-Nasen-Schutz wieder verpflichtend. Kanzler Kurz rechnet damit, dass sie womöglich bis über den Winter hinaus gültig bleiben.

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