Geldpolitik

Der Euro-Anstieg ist für die EZB noch kein Drama

Noch bekämpft EZB-Chefin Christine Lagarde den Anstieg des Euro nicht.
Noch bekämpft EZB-Chefin Christine Lagarde den Anstieg des Euro nicht.REUTERS
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Die Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar war bei der Zinssitzung am Donnerstag ein Thema. An der Geldpolitik rüttelte man vorerst nicht.

Deutschland ist Europas größte Volkswirtschaft. Und damit gewissermaßen auch ein Gradmesser für das, was auf dem Kontinent passiert. Die Coronakrise hat der Bundesrepublik einen herben Einbruch in Sachen Wirtschaftswachstum beschert – doch könnte dieser nun deutlich milder ausfallen als zunächst befürchtet. So erwarten die Ökonomen des DIW in diesem Jahr „nur“ noch ein Minus von sechs Prozent, statt des prognostizierten Absturzes von 9,4 Prozent. Im kommenden Jahr ist in Deutschland sogar schon wieder ein Wachstum möglich.

Auch die Europäische Zentralbank revidierte ihre Prognose für das laufende Jahr nach oben. Der Rückgang von acht Prozent ist zwar weiterhin gewaltig, trotzdem ist man etwas optimistischer als zuletzt. „Die aktuellen Daten signalisieren eine starke Erholung“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Anschluss an die routinemäßig abgehaltene Zinssitzung.

Wie stark sich die Wirtschaft tatsächlich regenerieren kann, bleibt jedoch abzuwarten. Und wird im Wesentlichen von der weiteren Ausbreitung der Pandemie und deren Bekämpfung abhängen – die Unsicherheiten seien jedenfalls erheblich, betonte Lagarde. Für 2021 gehen die Notenbanker dann von einem spürbaren Wachstum in der Höhe von fünf Prozent aus.

Thema auf der geldpolitischen Sitzung war auch die Aufwertung des Euro. Das Gremium habe ausführlich über den Wechselkurs diskutiert, so Lagarde. Das Mandat der EZB beziehe sich aber ausschließlich auf die Preisstabilität und nicht auf den Wechselkurs.

Zehn Prozent Plus

Der Euro ist seit Mitte Mai gegenüber dem Dollar um rund zehn Prozent gestiegen. Derzeit liegt der Kurs bei rund 1,18 Dollar, nach den Aussagen Lagardes stieg er weiter. Als Grund für die starke Aufwertung wird von Analysten unter anderem die Einigung der EU auf ein Corona-Wiederaufbauprogramm angeführt. Die Stärke des Euro ist aber gleichzeitig auch eine Schwäche des Dollar.

Dieser leidet unter der expansiven Geldpolitik der US-Notenbank. In den Vereinigten Staaten wird es angesichts der niedrigen Zinsen immer unattraktiver zu investieren. Auch das Corona-Krisenmanagement und die damit eingehende Befürchtung, das US-Wirtschaftswachstum könne noch stärker in Mitleidenschaft gezogen werden, spielt dem Dollar nicht gerade in die Hände.

Für die EZB ist die Entwicklung des Wechselkurses von Relevanz, weil er die Inflationsaussichten bis zu einem gewissen Grad beeinflussen kann. Ökonomen sprachen in der Vergangenheit immer wieder davon, dass ein Kurs von 1,20 Dollar je Euro für die EZB so etwas wie eine rote Linie darstellen könnte.

„Wir gehen eher von einer weiteren Aufwertung des Euro aus, dann wäre die EZB wieder unter Zugzwang, so dass eine Aufstockung des Anleihekaufprogramms der EZB zum Jahresende wahrscheinlich wird“, analysiert etwa LBBW-Chefökonom Uwe Burkert.

Eine stärkere Währung macht Exporte weniger wettbewerbsfähig und dämpft Preisanstiege, da Importe billiger werden. Der Preisdruck wird durch die derzeit geringere Nachfrage und einen geringeren Lohndruck gedämpft.

Im August sanken die Verbraucherpreise in der Eurozone zum ersten Mal seit 2016. Die Inflationsrate fiel auf minus 0,2 Prozent. Die EZB strebt jedoch einen Wert von knapp unter zwei Prozent an, ob man an dem Ziel weiterhin festhält, wird derzeit überprüft.

An ihrer bisherigen Geldpolitik rüttelte die Zentralbank am Donnerstag nicht. Das könnte sich aber jederzeit ändern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2020)

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