Weingartenerlebnisse und Weinblick-Zimmer

Menschen im Hotel. Architektur, Design, Wein, Kulinarik und Spa gehören zum Markenkern von Loisium. Geschäftsführer Mustafa Özdemir spricht über Pläne, Konzepte und Bauprojekte.

Die Presse: Wie haben Sie als die Zeit seit Mitte März erlebt?

Mustafa Özdemir: Anfänglich war die Ungewissheit über die weitere Vorgehensweise eine große Herausforderung. Wir hatten bereits Anfang März einen Notfallplan erarbeitet und geplant, die Hotelkapazität auf 50 Prozent zu reduzieren, um notwendigen Abstand und Maßnahmen betreffend Covid-19 einzuhalten. Als dann der Shutdown und die Möglichkeit zur Kurzarbeit kamen, haben wir unsere Mitarbeiter dazu angemeldet.

Haben Sie damit an allen Mitarbeitern festhalten können?

Ja, glücklicherweise. Der Weg über die Kurzarbeit war zwar mühsam, hat aber funktioniert. Und da mache ich auch niemandem einen Vorwurf – es war eine neue Situation und hat uns auch alle überfordert. Glücklicherweise dürfen wir uns über viele loyale Mitarbeiter in den Hotels freuen, die Verständnis aufgebracht und kooperativ mitgemacht haben.

Gab es nach der Wiedereröffnung Unterschiede zwischen den beiden Häusern in Langenlois und Ehrenhausen?

Die Marke Loisium steht für urbanen Lifestyle in traditionellen Weinregionen. Zur Community zählen wir Menschen, die eine hohe Affinität zu Wein, Kulinarik, Architektur und Design haben beziehungsweise den unkomplizierten Luxus inmitten der Weingärten lieben. Die ersten 14 Tage waren in beiden Häusern eher schleppend, ab da sind wir in eine sehr erfolgreiche Zeit gestartet und feiern seit Wochen nahezu Vollbelegung. In der Südsteiermark haben wir insbesondere von der Sehnsucht unserer Gäste nach dem Süden profitiert. Hier wurde auch länger im Voraus gebucht. In Langenlois hingegen sind die Buchungen eher kurzfristiger.

Die Firmenveranstaltungen sind aber heuer ausgefallen . . .

Bis auf ein paar kleinere Meetings wurden alle Business-Events gecancelt, und die Booker sind auch aufgrund der Umstände des „Kaffeesudlesens“ in Warteposition. Den Ausfall des MICE-Segments konnten die zusätzlichen Leisure-Gäste zur Gänze wieder wettmachen. Das hat auch mit einer Zunahme der Aufenthaltsdauer zu tun. In „normalen“ Zeiten liegt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer etwa bei 1,8 Tagen, in den vergangenen Monaten ist diese in der Südsteiermark auf vier bis 4,5 Tage und in Langenlois auf drei bis 3,5 Tage angestiegen.

Wie stark sind Ihre Häuser vom Ausbleiben internationaler Gäste in diesem Sommer betroffen? Hat das gestiegene Interesse der einheimischen Gäste an österreichischen Destinationen diesen Verlust aufgewogen?

Der Großteil unserer Gäste kommt aus Österreich und umliegenden Nachbarländern. Durch das steigende Interesse an österreichischen Destinationen konnten wir zusätzlich „neue“ Loisium-Fans dazugewinnen, was uns besonders freut. Da wir davon ausgehen, dass sich der Wintertourismus heuer verändern wird, haben wir für die nächsten Monate noch intensiver an der Angebots- und Programmentwicklung gearbeitet. Inhouse Entertainment, Home-Office im Weingarten und hochwertige Kooperationspartner werden dabei eine wichtige Rolle einnehmen. In Zeiten wie diesen ist Out-of-the-box-Denken mehr denn je gefragt. Reisemotivationen verändern sich, und die Menschen möchten über die Sicherheit ihrer Gesundheit Bescheid wissen. Diese hat bei uns sowohl bei Mitarbeitern als auch Gästen oberste Priorität.

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie diese sicherstellen?

In den Wintermonaten sind ähnliche Buchungszahlen zu erwarten. Hier haben wir dafür gesorgt, dass abseits unseres Loisium-Spa-Clubs und den Vinotheken insbesondere das Entertainment im Vordergrund steht. Aufgrund der Covid-19-Situation wird es eine Koordination für Spa-Besuche geben, damit wir auch hier weiterhin die Abstands- und Hygieneregeln einhalten und die Ansprüche für ein gesundes Miteinander hochhalten können.

Mit dem neuen Food-Konzept 2.0 haben Sie bereits vor Corona darauf gesetzt, sich von Buffets zu verabschieden. Was war der ursprüngliche Grund dafür, und ist Ihnen diese Umstellung jetzt zugutegekommen?

Wir setzen grundsätzlich in allen Abteilungen auf nachhaltige, ganzheitliche Zugänge. Die Regionalität und die Wertschätzung für Lebensmittel und deren Verarbeitung sind uns ein besonderes Anliegen. In der Gestaltung unserer Konzepte steht das Thema Foodwaste im Mittelpunkt. Insbesondere bei Buffets ist das ein sehr großes Thema. Bereits vor Corona hatten wir die neuen Ideen in der Schublade und dann die Post-Corona-Situation für die Implementierung genützt. Dazu muss ich aber sagen, dass die Umstellung aufgrund der Komplexität und der Anzahl der involvierten Mitarbeiter ein Step-by-step-Prozess ist, den wir nun sukzessive umsetzen.

Wie soll denn das Frühstück der Zukunft aussehen?

In Österreich und Deutschland ist Buffet-Frühstück häufig im Preis inkludiert. Aus Erfahrung und Feedbacks unserer Gäste wissen wir, dass es zunehmend viele gibt, die bewusst mit einem reduzierten Frühstück in den Tag starten.

In welchen anderen Bereichen braucht es Ihrer Meinung nach ein Umdenken?

In erster Linie ist das die Wertschätzung. Einerseits für die Arbeit unserer Mitarbeiter, andererseits für die Lebensmittel und deren Herstellung. Wir sehen unsere Aufgabe auch darin, ein Bewusstsein zu schaffen und eine Leader-Rolle bei Zukunftsthemen zu übernehmen. Handarbeit ist ein kostbares Gut, alle Komponenten entlang der Wertschöpfungskette sind von Bedeutung, um ein qualitatives Produkt auf den Tisch zu bringen. Das kann unserer Meinung nach auch einen angemessenen Preis haben.

Sie haben im Jänner mit dem neuen Zubau in Langenlois begonnen. Hat Corona etwas an den Plänen und/oder dem Baufortschritt geändert, oder ist die Eröffnung nach wie vor für das kommende Frühjahr geplant?

Wir liegen im Zeitplan, und das Gebäude wird nach derzeitigem Stand wie geplant Ende März 2021 fertiggestellt.

Was erwartet die Gäste in dem neuen Gebäude?

Ein Weingartenerlebnis im Loisium-Style mit Weinblick-Zimmer, großzügigen Suiten, Window-Facing-Beds sowie einer Conference und Event Area. Der New Yorker Architekt Steven Holl hat, wie auch schon im jetzigen Teil und der Wein-Welt, seine kreativen Noten eingebracht. Wir freuen uns über einen sehr markanten Bau, der einem Kellergewölbe nachempfunden und durch einen unterirdischen Gang mit dem bereits bestehenden Hotel verbunden ist.

Wie wichtig ist die spektakuläre Architektur für Loisium?

Architektur und Design nehmen einen großen Teil unseres Markenkerns ein. In Kombination mit Wein, Kulinarik und Spa ist es unsere Mission, Wein erlebbar zu machen. Wir platzieren Landmark-Architektur inmitten ländlicher Weinregionen und heben uns so auch stark von den anderen Gebäuden der Umgebung ab.

Sind langfristig weitere Standorte geplant?

Ja, wir arbeiten bereits intensiv an zwei neuen Projekten im Elsass und der Champagne, und auch in Österreich liebäugeln wir mit einem dritten oder vierten Hotel. Diesbezüglich waren wir vor Corona schon in Gesprächen, die aber erst einmal wieder ad acta gelegt wurden, da niemand weiß, wie es wirklich in der Hotellerie weitergehen wird.

Verraten Sie uns, wo Sie mit neuen Häusern geliebäugelt haben?

Nein – aber so schwer ist es ja nicht zu erraten.

Verraten Sie uns denn, wo Sie heuer ganz privat Ihren Sommerurlaub verbracht haben?

Aber natürlich. Meine Frau und ich konnten einige Tage in der Region Altausseer See/Grundlsee genießen. Zu Gast bei Freunden haben wir nicht nur viel geplaudert, sondern auch viel und gern gekocht. Der Blick auf den See und die Auszeit in der Natur machen die Gedanken frei und schaffen Platz für neue Inspirationen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2020)

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