Im Naschgarten der Blütennaschkatzen

Burgenland. Colastrauch, Kobe- und Angusrind und Chardonnay Queen Bee – in einem 120 Hektar großen Urlaubsreservat in der Hügellandschaft um Bad Tatzmannsdorf gehören auch Tafelfreuden zum Wohlfühlbereich.

Mit verklärtem Blick lehnt der Mann sich am Nebentisch zurück und stöhnt. „Mein Gott, schon wieder viel zu viel gegessen.“ Die Frau an seiner Seite blickt von ihrem Grießflammerie auf und erwidert: „Hättest halt weniger genommen.“ Darauf der Mann: „Aber wenn hier alles so gut schmeckt.“

Im Reiters Reserve Supreme, einem Fünf-Sterne-S-Resort in Bad Tatzmannsdorf, reihen sich die kulinarischen Verlockungen aneinander, während die Speisenfolge einem gleichermaßen gesunden wie geschmackvollen gastronomischen Marathon gleicht. Hier kommen fast ausschließlich saisonale, regionale und biologische Zutaten auf den Tisch, dazu Kräuter aus dem eigenen Naschgarten und Fleisch von den hier gezüchteten Tieren. Den etwa 180 Angus-, Galloway- und Kobe-Rindern von Karl und Nicola Reiter stehen etwa 88 Hektar Weide zur Verfügung, größtenteils im nahen Pöllau, aber auch direkt in Bad Tatzmannsdorf, um zur kulinarischen Reife zu gelangen. Und die erreichen sie erst mit 36 Monaten. Dann erst werden sie geschlachtet, direkt vor Ort im eigenen Schlachthof, in gewohnter Umgebung, um ihnen Stress, Schmerzen und Transportwege zu ersparen. Bauer Franz ist bis zum Schluss mit dabei. Wer den bärtigen Landwirt bei der Arbeit erlebt, bemerkt auf den ersten Blick, wie sehr auch ihm das Tierwohl am Herzen liegt.

Von Koberindern bis Bienen

Auf dem Hof oben auf tausend Metern Seehöhe herrschen nahezu paradiesische Zustände. Hier leben 18-jährige Kühe, handzahmes Damwild, Walliser Schwarzhalsziegen ohne Berührungsängste, am Waldrand summen die Bienen vor ihren Stöcken. Man spürt, dass der achtsame Umgang mit der Natur hier zur Lebensphilosophie zählt. Jedes Tier gilt als Individuum mit einem ganz eigenen Charakter. So erfährt man von Franz, dass die Koberinder etwas kapriziös sind und zur Sturheit neigen, während die Lipizzanerstute nichts von ihrem Verehrer wissen will und Rehbock Maxl gleichermaßen verfressen wie handzahm ist.

Im Reiter'schen landwirtschaftlichen Betrieb, der fast 90 Prozent des Rindfleischbedarfs der drei Hotels abdeckt, scheinen auch die Tiere zu wellnessen. Und das schmeckt man in allen Erzeugnissen, ob Hirschwürstl, Schnitzel, Martinigansl, Leberkäse, Lardo oder Steak. Wobei jedem einzelnen Teil die größte kulinarische Ehre zuteilwird: „Wir praktizieren nose to tail“, bestätigt Küchenchef Helmuth Gangl – alles wird verwertet, von der Nase bis zum Schwanz. Die acht bis zehn Wochen am Knochen gereiften Dry-Age-Steaks vom Angusrind stellen dabei die Königsklasse dar.

Pilzpofesen und Hollersorbet

Ausgelöst vom Chef höchstpersönlich, wird der Leckerbissen im Eigenfett angebraten, gegrillt und nach einer kurzen Ruhepause nur mit etwas Butter, Salz und einer Prise Senf serviert. „Alles andere würde den feinen Eigengeschmack des Rindfleischs beeinträchtigen“, sagt Haubenkoch Gangl, der seit mehr als 15 Jahren die gastronomischen Agenden leitet. Und zwar ganz ohne Convenience Food und kulinarische Kompromisse. Wovon man sich bei einem Supreme Dinner täglich überzeugen kann. Bei Tatar vom Wurzelgemüse mit braisierter Maishendlbrust, Ochsenschwanzsuppe mit Pilzpofesen oder einem confierten Seeteufel mit Chinesischem Senfkohl, gefolgt von Hagebuttenpalatschinken mit Holunderblütensorbet muss man sein kalorisches Fassungsvermögen einfach auf die Probe stellen. „Weil alles so verdammt gut schmeckt“, wie eingangs schon erwähnt. Bei der Abreise kann man den kulinarischen Trennungsschmerz übrigens vermeiden, indem man sich in der hauseigenen Genusswerkstatt ausreichend mit ess- und trinkbaren Souvenirs ausstattet.

Üppige Kräutermischung

Liebe geht bekanntlich durch den Magen, Wellness aber auch. Wohlgefühle kommen in dem Resort in Bad Tatzmannsdorf nahezu überall auf. Botanisch interessant und zudem geschmackvoll gestaltet sich etwa eine Wanderung zum hauseigenen Nasch- und Kräutergarten. Der Weg führt vorüber am idyllischen Milleniumsteich, quert eine Streuobstwiese mit Maibeeren, Schlehen, Quitten und lauschigen Ruheplätzen, flankiert von Blüten – und endet in Hannahs würzig-appetitlichem Reich, dem Kräuter- und Naschgarten. Hier gedeihen beispielsweise Colasträucher und Unsterblichkeitskräuter, Dutzende Sorten Basilikum, Marzipansalbei, Ingwer- und Tigerölminze, Herzgespann und Olivenkraut, Surinamspinat, Stevia und vieles mehr.

Ein Wunderreich für Vögel und Insekten, aber auch für kleine und große Naschkatzen, die hier richtig auf den guten und vor allem gesunden Geschmack kommen können. Und natürlich landen die frischen Blüten und Blätter auch in der Küche oder in Hannahs besonderen Kreationen wie Lavendelmalvensirup oder handverlesenem Blütensalz. „Oft kennen Kinder den echten Geschmack von Gewürzen und Gemüsen gar nicht mehr, weil sie an Fertiggerichte mit Geschmacksverstärkern gewöhnt sind“, sagt sie. „Die sind dann ganz begeistert von den essbaren Blüten und aromatischen Blättern.“

Eigene Cuvée

Der Orangensalbei ist jedenfalls eine Kostprobe wert, die Taglilien auch. Dass weder in der Landwirtschaft noch im Obst-, Gemüse- und Kräutergarten Chemie eingesetzt wird, versteht sich von selbst. Natur und Nachhaltigkeit sind hier eine Realität gewordene Vision, auf die man gern sein Glas erheben kann. In den drei Betrieben, dem Reiters Reserve, dem Finest Family und dem Reiters Allegria in Stegersbach, werden auch hauseigene Weine kredenzt, etwa die elegante Cuvée privée noir, der im Holzfass veredelte Chardonnay Queen Bee oder der sommerlich frische Rosé Bacchus, ideal für einen Spätsommernachtstraum.

HAUSGEBRANNTES UND HAUSGEMACHTES

Hotels: Reiters Reserve, Supreme 5*

und Finest Family 4*S in Bad Tatzmannsdorf, www.reiters-reserve.at

In der Umgebung: Pralinenmanufaktur Spiegel mit Restaurant; hotelspiegel.at

Konditorei Kaplan am Kurpark: 2017 bester Kaffee des Burgenlands, kaplanamkurpark.at

Brotmuseum Bad Tatzmannsdorf:

https://bad.tatzmannsdorf.at

Kantine 48 beim Naturschwimmteich Bernstein: www.kantine48.at

Burg Bernstein: www.burgbernstein.at

Felsenmuseum Bernstein mit seltenem Edelserpentin: felsenmuseum.at

Buschenschenken: Zum Hengstbrunnen: Most, Wein vom Eisenberg, Jausen, hausgebrannte Schnäpse, eigene Presswurst und Blutwurst sowie hausgemachtes Brot.
Mostschenke Rehling: Most, Blunzen, Hauswürste und Brot aus dem Holzkohleofen

Qualitätsbuschenschank Neubauer

Wandertipp: Naturlehrpfad der Willersdorfer Schlucht

Compliance-Hinweis: Die Reise erfolgte auf Einladung von Reiters Reserve.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2020)

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