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Das Prinzip Hahnloser: Sammeln als Lebensaufgabe

Pierre Bonnard: „Das karierte Tischtuch“, 1910
Pierre Bonnard: „Das karierte Tischtuch“, 1910Privatsammlung, Reto Pedrini, Zürich
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Privates Sammeln und der Schweizer Kunstkosmos

Die Kunstsammlung von Hedy Hahnloser-Bühler und Arthur Hahnloser in Winterthur, die fast zeitgleich entstandene, nicht minder bedeutende Sammlung Oskar Reinhart, ebenfalls in Winterthur, die Sammlung der Emanuel-Hoffmann-Stiftung in Basel, die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel oder das junge Muzeum Susch im Engadin – das sind nur einige Beispiele einer von Privaten getragenen vorbildhaften Sammlungskultur, die es in dieser Dichte nur in der Schweiz gibt. Hedy und Arthur Hahnloser gehören hierbei zu den Ersten, die über ihre persönliche Kunstleidenschaft hinaus mit ihrem Engagement und Wissen entscheidende, ja grundlegende Impulse für die Entstehung und Entwicklung einer hochkarätigen Museumslandschaft in der Schweiz gegeben haben. Damit füllen die Privatsammlungen eine historische bedingte Lücke: Denn in der Schweiz, die im Jahr 1848 als föderalistischer Bundesstaat gegründet wurde, existieren keine staatlichen Sammlungen und keine Nationalgalerie in der Art eines Louvre, Prado oder Kunsthistorischen Museums. Das Kunstsammeln war somit von Beginn an eine Angelegenheit der regionalen Museen, von Privaten oder der bürgerlichen Kunstvereine.  

Zumal Hedy und Arthur Hahnlosers Hingabe für die Kunst ihrer Zeitgenossen beschränkte sich nicht auf den eigenen Lebensbereich. Sie war vielmehr ihr Lebensmittelpunkt, den sie teilen wollten. Auf diese Weise motivierten sie andere und initiierten früh schon den Aufbau hochkarätiger Sammlungen, die später ihren Weg etwa ans Kunsthaus Zürich oder Kunstmuseum Bern finden sollten. Vor allem in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde die Villa Flora zu einer Plattform für den Austausch über Kunst und zum regelmäßigen Treffpunkt eines Kreises, der seinerseits auf den Kunstverein der seit dem 19. Jahrhundert florierenden Industriestadt maßgeblichen Einfluss ausübte und schließlich auch den Bau des Kunstmuseums ermöglichte. Mit ihrem engagierten Eintreten für die zeitgenössische Avantgarde sowie Schenkungen, Dauerleihgaben und Auftragswerken verbreiteten die Hahnlosers nicht nur die Kenntnis über die neue französische Kunst in ihrem Umfeld. Es gelang auch, die Aufmerksamkeit der Institutionen weg von wertekonservativen Sammelprinzipien hin auf die klassische europäischen Moderne zu lenken. Diese Verschränkung von privatem und öffentlichem Sammeln prägte als „Prinzip Hahnloser“ die Entstehung der Schweizer Museumslandschaft nachhaltig.

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