Mietpflanzen im Giftdschungel ORF

Was für bizarre Gewächse doch die Gemeinheit manchmal treibt. Vor allem auf dem Küniglberg.

Der Vertrag von ORF-General Alexander Wrabetz läuft immerhin noch bis Ende 2011, doch schon jetzt blühen seine Widersacher auf. Dass nämlich eine Moderatorin (Doris Golpashin) für das neue ORF-Format „Helden von morgen“ vom kleinen kommerziellen Sender Puls4 „gemietet“ werden soll, sorgte zuletzt für Häme. Im ORF fühlen sich einige, die den Job gerne gehabt hätten, übergangen und sorgen für Gerüchte auf den Gängen. Andere mutmaßen gar, es handle sich dabei um einen Giftpfeil gegen Wrabetz – man habe die peinliche Mietvariante gewählt, um ihn in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. Für Kenner der ORF-Tollkirschenblüte klingt das plausibel.

Natürlich lacht man sich auch bei Puls4 ins Fäustchen (statt sich nur zufrieden die Hände wegen des Marketingerfolgs zu reiben), weil der ORF offenbar nicht in der Lage sei, sich seinen Nachwuchs selber aufzubauen. Was soll's? Das war auch schon bei Arabella Kiesbauer so. Oder – später – bei Mirjam Weichselbraun. Und – sprechen wir auch diesen Namen einmal gelassen aus – bei Dominic Heinzl. Alle haben irgendwann beim ORF angefangen, sind dann ins Privat-TV gewechselt und wurden wieder abgeworben. Was ist schon dabei?

Ist es nicht ein Zeichen für die Gesundung des Marktes, dass ORFler auch im Privatfernsehen die Chance haben, tolle neue Formate zu machen – wie zum Beispiel die beiden Kulturjournalisten Erna Cuesta und Franz Zoglauer auf ATV – und sich der große Öffentlich-Rechtliche bei den kleinen, dafür oft innovativeren Privaten nicht nur Personal, sondern auch gute Ideen ausborgen kann (wie etwa Vorwahl-Diskussionssendungen mit direkter Beteiligung des Publikums)?

Aber im ORF kann und darf die Sache so einfach nicht sein. Wrabetz hat den Verdacht der Intrige übrigens nicht kommentiert. Recht hat er.


isabella.wallnoefer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2010)

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