Eines der Hauptwerke der Sammlung Hahnloser: „Der Sämann“ von Vincent van Gogh, 1888.
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Die Geschichte einer Leidenschaft

Mit einer exquisiten Auswahl von Werken aus der Sammlung Hahnloser erzählt die Albertina die Geschichte von Hedy und Arthur Hahnloser-Bühler.

Renoir, Monet, Manet, Cézanne, van Gogh, Gauguin, Matisse, Toulouse-Lautrec, dazu Vallotton, Vuillard, Bonnard, Manguin und Redon. Kein großer Name aus jener Künstlerriege, die die Geschichte der europäischen Kunst des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts von Frankreich aus entscheidend mitgestaltet hat, fehlt hier. Den Reigen der insgesamt 112 Arbeiten rundet Ferdinand Hodler ab – jener große Schweizer, der in seiner Malerei die großen Kunstströmungen des frühen 20. Jahrhunderts vereint: Symbolismus, Jugendstil und Expressionismus. Mit Ferdinand Hodler schließt sich der Kreis zu Wien, dessen Kunst im Wiener Jugendstil, vor allem im Werk Kolo Mosers, Spuren hinterlassen hat und dem doch erst die Ausstellung in der Wiener Secession 1904 zu internationalem Durchbruch verholfen hat.

»"Eine Ausstellung ist so gut wie ihre besten Werke."«

Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder

„Eine Ausstellung ist so gut wie ihre besten Werke“, sagt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder und gerät ins Schwärmen angesichts kunsthistorischer Zimelien wie dreier Spätwerke von Vincent van Gogh: dem „Nachtcafé in Arles“ aus dem Jahr 1888 mit seinem giftgrünen Schatten, roten Wänden und beschleunigter Perspektive, dem hochkoloristischen „Sämann“ oder den leuchtenden „Sonnenblumen“. In Zusammenarbeit mit dem Berner Kunsthistoriker und Ausstellungskurator Matthias Frehner ist es gelungen, eine handverlesene Auswahl von rund 80 Gemälden aus der insgesamt um die 500 Meisterwerke nebst zahllosen kleineren Arbeiten umfassenden Hahnloser/Jaeggli-Stiftung und privatem Besitz nach Wien zu holen. Weitere 25 Werke aus der hauseigenen Sammlung Batliner sowie eine Reihe von Zeichnungen und Papierarbeiten runden die Ausstellung ab.

Sammelleidenschaft

Zu verdanken ist diese hochkarätige Kollektion Hedy und Arthur Hahnloser-Bühler, die im kurzen Zeitraum zwischen 1907 und 1936 eine der bedeutendsten privaten Schweizer Kunstsammlungen zusammengetragen haben. Sie eine junge Malerin und Kunstgewerblerin aus protestantischem Elternhaus, er promovierter Augenarzt mit katholischem Hintergrund, mussten sie ihre Beziehung sieben Jahre lang, bis zum Tod von Hedys Vater, verheimlichen. Doch das verbindende Interesse an den fortschrittlichen Ideen der Lebensreformbewegung ließ sie auch diesen Widerstand überdauern. Nach der Hochzeit 1898 übernahm das Ehepaar von Hedys Großvater die Villa Flora, in die sie nach einigen Jahren vom – vor allem in Winterthur einflussreichen – Architekten Robert Rittmeyer einen „Gesellschaftsraum“ einbauen ließen. Dort traf man sich mit gleichgesinnten Kunstenthusiasten und tauschte Ideen aus über das Kunstgeschehen in der Stadt, die Ausrichtung des Kunstvereins oder das geplante neue Kunstmuseum. Zugleich füllte sich die Villa in Windeseile mit Kunstwerken. Nachdem die Villa schon 1995 bis 2014 als lebendiges, mit rund 100 Werken aus der Sammlung Hahnloser bestücktes, „Wohnmuseum“ öffentlich zugänglich war, wird sie nun renoviert und soll 2023 in neuem Glanz erstrahlen. In der Zwischenzeit haben die Kunstwerke eine vorübergehende Heimat im Kunstmuseum Bern gefunden beziehungsweise nun für einige Monate in der Albertina.

Pierre Bonnard: „Das karierte Tischtuch“, 1910
Pierre Bonnard: „Das karierte Tischtuch“, 1910Privatsammlung, Reto Pedrini, Zürich

1906 war es, dass Hedy und Arthur Hahnloser durch eine Ausstellung auf die Schweizer Modernen Giovanni Giacometti, Hodler und Cuno Amiet aufmerksam wurden. 1907 reisten sie dann per Postkutsche nach Stampa, um Giacometti im Atelier zu besuchen. Zurück kamen sie mit seinem „Selbstbildnis“ im Gepäck.

Das Ritual aus Besuch, Kennenlernen, Freundschaft und Ankauf bildete den Grundstein einer sich stetig steigernden Sammelleidenschaft. So stiftete sie Giacometti nach seinem Besuch der großen Cézanne-Hommage beim Herbstsalon 1907 an, nach Paris zu fahren, wo sie den Impressionismus und Postimpressionismus für sich entdeckten – eine Reise, die sie fortan zweimal jährlich antreten würden. Später erwarben sie auch ein Haus in Südfrankreich. Dabei interessierten sie sich von Anfang an weniger für die „rein theoretische Kunst“ etwa der Kubisten als für malerisch-abstrakte Positionen – etwa die flirrenden Porträts und Landschaften des gebürtigen Lausanners Félix Vallotton. Seine „Badende“ 1908 löste in Winterthur einen „erfolgreichen Skandal“ aus, wie Hedy Hahnloser in einem Brief berichtet.

Félix Vallotton: „Die Weiße und die Schwarze“, 1913
Félix Vallotton: „Die Weiße und die Schwarze“, 1913Privatsammlung, Reto Pedrini, Zürich

Im Ausstellungsparcours der Albertina, der mit Gegenüberstellungen von Cézanne, Monet und Manet, von Matisse und Manguin, Toulouse-Lautrec und Redon gleichsam einen Lehrpfad durch die Moderne wiedergibt, ist Félix Vallotton ein eigener Saal gewidmet. Wie Pierre Bonnard und Édouard Vuillard gehörte auch er der für die Hahnlosers so wichtigen rebellischen Künstlergruppe der Nabis an. Den Stellenwert, den Vallotton für das Sammlerpaar zeitlebens hatte, spiegelt auch die hohe Anzahl seiner Werke in der Sammlung. „Die Präsentation in der Ausstellung gibt Gelegenheit, diesen hierzulande noch viel zu wenig bekannten Künstler zu entdecken“, sagt Klaus Albrecht Schroeder. Während er etwa in den Landschaften nachgerade eine geometrische Flächenverteilung mit koloristischen Akzenten verquickt, persifliert er in anderen Werken historische Themen. So ist etwa sein kühnes Genrebild „Die Weiße und die Schwarze“ von 1913 eine zitathafte Replik auf Manets berühmte „Olympia“.

Es war ein Credo von Hedy und Arthur Hahnloser, die Welt „mit den Augen der Künstler“ zu sehen. Die geballte Ansammlung von Meisterwerken in dieser Ausstellung lädt dazu ein, sich auf dieses Abenteuer einzulassen.

Auf einen Blick

"Van Gogh, Cézanne, Matisse. Die Sammlung Hahnloser"

bis 15. November 2020

Katalog zur Ausstellung

Hrsg. Matthias Frehner und Klaus Albrecht Schröder
Hirmer Verlag, 288 Seiten, Hardcover
Deutsch EUR 32,90, Englisch EUR 34,90

erhältlich im Museumsshop

www.albertina.at

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