Die Welt bis gestern

Der Kampf gegen die Kunst

„Das Kinetische Theater: Straße mit Menschen“ von Erika Giovanna Klien entstand 1926. 1929 emigrierte die Künstlerin aus Österreich.
„Das Kinetische Theater: Straße mit Menschen“ von Erika Giovanna Klien entstand 1926. 1929 emigrierte die Künstlerin aus Österreich.Austrian Archives / Imagno / picturedesk
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Ende der 1920er-Jahre erlosch die Kunst der Avantgarde in Österreich, Künstler emigrierten. Über die Vergiftung des geistigen Klimas durch eine hetzerische Kunstkritik.

Eigentlich war es nur ein Spaß, der 1910 im Pariser Kabarett „Le Lapin Agile“ ausgeheckt wurde, doch was dann herauskam, ging in die Kunstgeschichte ein. Lolo, ein Esel, wurde in dem beliebten Künstlertreffpunkt am Montmartre dazu animiert, ein Bild zu „malen“. An seinem Schwanz war ein in Farbe getauchter Pinsel gebunden, das Tier wurde durch ein Stück Zucker zum Wedeln animiert und die Farbe dabei auf eine Leinwand übertragen. Was dabei entstand, freilich mit Unterstützung eines Malers, der Eselsschwanz lieferte nur eine Zutat, wurde ausgestellt, unter dem Titel „Sonnenuntergang über der Adria“, als Gemälde eines fiktiven Künstlers.

Was man da zu sehen bekam, schien an radikaler Formlosigkeit das, was kubistische, fauvistische und futuristische Künstler bereits geliefert hatten, noch in den Schatten zu stellen. Bis die Mystifikation aufflog: Es war die hämische Attacke eines Reaktionärs gegen die Kunst der Avantgarde. Nun: Anarchische Späße waren im Ausstellungsbetrieb gar nicht so selten. Doch in diesem Fall verbreitete sich die Meldung über den Streich in allen europäischen Zeitungen und Kunstzeitschriften, auch die Wiener „Neue Freie Presse“ berichtete am 1. Juni 1910.

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