Gastkommentar

Der Klimawandel kennt keine Grenzen

(c) Peter Kufner
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Der ökonomische Blick. Österreich ist stark in die globale Wertschöpfungskette eingebunden. Was das bedeutet, zeigte die Covid-19-Pandemie – und wird die Klimakrise noch zeigen. Es drohen volkswirtschaftliche Kosten in Milliardenhöhe.

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Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen viele Länder dieser Erde in unterschiedlicher Weise und Intensität. Dürren, Stürme und Hagel führen zu Ernteausfällen, Überschwemmungen zerstören Produktionsstätten und Verkehrsinfrastruktur, Hitze reduziert die menschliche Leistungsfähigkeit, und der Anstieg des Meeresspiegels bedroht den Lebensraum an Küsten. All diese Auswirkungen reduzieren den wirtschaftlichen Output, dies nicht nur in direkt beeinflussten Sektoren wie der Landwirtschaft, sondern auch in der Produktion einer Vielzahl weiterer Güter und der Bereitstellung von Dienstleistungen wie Tourismus.

Die direkten Folgen des Klimawandels sind global ungleich verteilt: Stärkere Auswirkungen werden vor allem in der Nähe des Äquators und im globalen Süden erwartet. Laut den jüngsten Berichten des Weltklimarats IPCC drohen in weiten Teilen Afrikas und Zentralamerikas Landschaften zu versteppen oder zu verwüsten, einhergehend mit drastischen Folgen für die Landwirtschaft und somit der Lebensgrundlage von Millionen von Menschen. Häufigere und länger andauernde Hitzewellen bedingen eine Zunahme in der Sterblichkeitsrate und in der Anfälligkeit für Krankheiten in Europa, Asien und Australien sowie in Nordamerika. Wasserknappheit dürfte zu einem zunehmenden Problem in Südamerika, dem arabischen Raum, sowie Teilen Afrikas und in Australien führen. Der Anstieg des Meeresspiegels gefährdet insbesondere Inselstaaten, aber auch Küstenabschnitte des südostasiatischen Festlands.

Höherer Migrationsdruck

In einer vernetzten Welt pflanzen sich diese zunächst lokal auftretenden Klimawandelfolgen fort: nicht nur in Nachbarländer, sondern über unterschiedliche Kanäle auch in weit entfernte Länder. Die Rentabilität und Erträge von Kapitalflüssen und im Ausland gehaltenen Vermögenswerten können durch Klimaschäden kurzfristig verringert oder langfristig abgewertet werden. Ebenso spielt der Klimawandel bei der Verstärkung bestehender Konflikte eine Rolle, was den Migrationsdruck erhöhen kann. Auch über den Außenhandel eines Landes werden Klimawandelfolgen entlang internationaler Lieferketten übertragen.

Österreich ist als eine hochgradig vernetzte und kleine offene Volkswirtschaft besonders stark in globale Wertschöpfungsketten eingebunden und somit auch von verlässlichen Zulieferern auf der Importseite und kaufkräftigen Abnehmern auf der Exportseite abhängig. Ähnlich dem Wirkungsmechanismus des Klimawandels hat die Covid-19-Pandemie gezeigt, wie schnell solche Lieferketten zum Erliegen kommen können, wenn beispielsweise Transportwege eingeschränkt oder Produktion im jeweiligen Inland nicht möglich ist.

Essenzielle Rohstoffe wie zum Beispiel Lithium können nur in wenigen Ländern abgebaut werden, auch die Weiterverarbeitung ist stark konzentriert. So führte etwa die Thailand-Flut im Jahr 2011 zu enormen Ausfällen in der Produktion von Halbleitern und damit einhergehenden massiven Preissteigerungen, mit weltweiten Folgen für die Elektronik- und Automobilindustrie. Ein weiteres Risiko sind gleichzeitig auftretende Ernteausfälle in den globalen „Breadbasket“-Ländern USA, Thailand und Argentinien, mit weitreichenden Konsequenzen nicht nur für die Nahrungsmittelversorgung in Entwicklungsländern, sondern auch bei der Bereitstellung von Futtermitteln in hoch entwickelten Ländern.

Maßnahmen zum Schutz heimischer Nahrungsmittelversorgung, wie beispielsweise Exportverbote, die nach der massiven Dürre in Osteuropa im Sommer 2010 in Russland gesetzt wurden, können die globalen Preissteigerungen und Verknappungen bei Nahrungsmitteln verschlimmern.

Auch Hitzewellen betreffen Länder wie Österreich indirekt, unter anderem bei Importen von Textilien aus Südostasien. Unerwartete Lieferunterbrechungen, beispielsweise durch Überflutungen, sind besonders bei der Just-in-Time-Produktion problematisch. Zu bedenken ist, dass sich außerdem die Kaufkraft in wichtigen Absatzmärkten reduziert, was wiederum Konsequenzen für Österreichs Exporte hat.

Allein durch drei relevante grenzüberschreitende Klimawandelfolgen (Anstieg des Meeresspiegels, hitzebedingte Veränderung der Arbeitsproduktivität, Ernteausfälle in der Landwirtschaft) ergeben sich in Österreich geschätzte volkswirtschaftliche Kosten von 1,5 Milliarden Euro jährlich bis Mitte des Jahrhunderts. Unterstellt man, dass das Zwei-Grad-Ziel weltweit nicht erreicht wird und die globalen Unterschiede zunehmen, erhöhen sich diese Kosten auf 1,9 Milliarden. Die geschätzten Kosten von Klimawandelfolgen aus 37 quantifizierten Wirkungsketten (aus 80 identifizierten) liegen dann schon bei rund acht Milliarden.

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