Streit

Tag der Entscheidung für TikTok

US-Präsident Trump bezichtigt die Videoplattform TikTok der Spionage.
US-Präsident Trump bezichtigt die Videoplattform TikTok der Spionage. NurPhoto via Getty Images
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Am Dienstag läuft ein Ultimatum von US-Präsident Trump für TikTok aus. Die Videoplattform könnte demnächst abgedreht werden.

Wien. Donald Trump rühmt sich gern seiner Macherqualitäten. Für die chinesische Videoplattform TikTok könnte das weitreichende Folgen haben. Am Dienstag läuft ein vom US-Präsidenten gestelltes Ultimatum für das Unternehmen aus. Und das hat es in sich. Trump hält Smartphone-Apps wie TikTok für eine „erhebliche Bedrohung“. Deshalb will er den Betrieb in den USA kurzerhand verbieten – es sei denn, das US-Geschäft wird rasch verkauft.

Und weil sich der Tag der Entscheidung nähert, brodelt es nur so in der Gerüchteküche. Vorige Woche machten Meldungen die Runde, dass die chinesische TikTok-Mutter Bytedance die von der US-Regierung verhängte Frist für den Verkauf des US-Videodienstes verfehlen könnte. Denn: Neue chinesische Auflagen machten die Verhandlungen komplizierter. China hat Ende August Beschränkungen beim Verkauf von Hightechunternehmen auferlegt. Gemäß den neuen Regeln dürfen gewisse IT-Firmen, die auf Basis von Datenanalyse arbeiten, nur noch mit einer Erlaubnis der Regierung ins Ausland verkauft werden.

Was die Gespräche über einen Verkauf von TikTok nicht gerade leichter macht. Interessenten gäbe es zur Genüge: Da ist zum einen der IT-Riese Microsoft, der sich in den Verhandlungen die Walmart-Gruppe ins Boot geholt hat und als aussichtsreichster Kandidat gilt. Auch eine Investorengruppe um den Softwarekonzern Oracle hat sich in die Bieterschlacht geworfen. Die Gruppe ist Insidern zufolge an den Nordamerika-Aktivitäten sowie dem Geschäft in Australien und Neuseeland interessiert. Zwischenzeitlich hatte sich auch der Kurznachrichtendienst Twitter interessiert an TikTok gezeigt.

Verständlich, denn das Geschäft boomt. Die TikTok-Mutter Bytedance erwirtschaftete voriges Jahr drei Milliarden Dollar Gewinn. Mit TikTok lassen sich bis zu einminütige Videos aufnehmen und mit anderen Nutzern teilen.

Keine Verlängerung der Frist

Trump beschuldigt Bytedance, über TikTok Spionage in den USA zu betreiben und Daten an die chinesische Regierung weiterzugeben. TikTok, findet Trump, könne für Propagandakampagnen genutzt werden, von denen die Kommunistische Partei in China profitiere. Und: Die Daten von TikTok könnten dafür benutzt werden, die Aufenthaltsorte von Mitarbeitern von US-Behörden herauszufinden. Die politischen Rivalen der demokratischen Partei teilen übrigens diese Bedenken. TikTok, das in den USA rund 100 Millionen Nutzer hat, ist nicht das einzige chinesische Unternehmen im Visier Trumps: Er will auch den Chat- und Bezahldienst WeChat aus dem Hause Tencent verbieten.

Doch China will das Spiel nicht mitspielen. Die TikTok-Mutter Bytedance hat angekündigt, gegen Trumps Erlass vor Gericht zu ziehen. Und Chinas Führung gibt sich unbeeindruckt. Vorige Woche machten Berichte die Runde, laut denen sie dafür ist, dass die Videoplattform ihr US-Geschäft besser schließen soll, statt zu verkaufen. Insider erklärten das damit, dass ein Verkauf aus Sicht Pekings ein Zeichen der Schwäche wäre.

Auch der US-Präsident hält von Schwäche nichts. Er hat eine Verlängerung der Frist für den Verkauf vorige Woche abgelehnt. „Es wird entweder geschlossen oder sie verkaufen es“, sagte Trump. Zusätzlich ordnete er Mitte August an, dass Bytedance sich binnen drei Monaten von allen Daten von Nutzern in den USA trennen müsse. Auch dürfe Bytedance in den USA danach kein Eigentum mehr besitzen, das für den Betrieb von TikTok genutzt werde. (hie/Ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2020)

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